Bürgermeister aus der Ilisu Region (Türkei) fordern von Schweizer Baufirmen und Bundesrat Ausstieg aus Staudammprojekt
15. Mai 2006
Das Projekt wird von der türkischen Regierung zusammen mit einem Baukonsortium vorangetrieben, zu dem auch die Schweizer Firmen Alstom, Maggia, Stucky und Colenco gehören. Diese haben einen Antrag für eine Exportrisikogarantie gestellt, welche beim Bundesrat hängig ist. „Auch der neue Plan zum Bau des Ilisu Staudamms entspricht nicht internationalen Standards. Mit einer Zusage für eine Exportversicherung würde die Schweiz ihre eigenen Umwelt- und Sozialrichtlinien untergraben“, kritisiert Christine Eberlein von der EvB.
Im Januar 2006 haben sich vor Ort erstmals über 30 Gemeinden, Verbände und lokale Bürgergruppen zu einer Initiative zur Rettung von Hasankeyf zusammengeschlossen, die stetig wächst. Das ist ein Novum in der Geschichte der Osttürkei und zeigt den Mut von Verwaltung und Bürger in einem immer noch stark angespannten politischen Klima öffentliche Kritik zu äussern. Mit ihrer Reise in die Schweiz, nach Deutschland und Österreich appellieren die Vertreterinnen an die zuständigen Behörden bei uns:
Frau Yurdusev Özsökmenler, Bürgermeisterin der Millionenstadt Diyarbakir, erinnerte daran, dass bereits in den 90er Jahren während des Bürgerkriegs 3200 Dörfer zerstört wurden. Die meisten Vertriebenen flüchteten in die Grossstädte Diyarbakir und Batman. „Eine erneute Welle von Dammvertriebenen wäre nicht zu verkraften, sagt Frau Özsökmenler.
Herr Hüseyin Kalkan, Bürgermeister der nahen Grossstadt Batman, macht klar, dass eine Finanzierung des Ilisu Staudamms die Schweizer Beteiligten mitschuldig machen würde an der Zerstörung eines bedeutenden Kulturerbes: “Mit dem vorgesehenen Geld für den Damm könnte man den Tourismus einer ganzen Region aufbauen. Das würde wesentlich nachhaltigere Arbeitsplätze schaffen und die einzigartigen Ökosysteme und Kulturgüter am Tigris erhalten.“ Und Herr Necattin Pirinccioglu von der Bügerinitiative zur Rettung von Hasankeyf ergänzt: „10'000 Jahre Geschichte dürfen nicht für 50 Jahre Energiegewinnung geopfert werden“.
Herr Ercan Ayboga von der regionalen Kommunalverwaltung schliesslich berichtet von Umfragen unter den direkt Betroffenen. „Sie beklagen sich, dass sie nicht mitsprechen können und fürchten, aufgrund der mangelhaften Umsiedlungspläne bald das Schicksal jener mehr als 100'000 Menschen zu teilen, die im Zuge anderer gebauter Dämme bereits in den Slums türkischer Grossstädte landeten.“