100-mal die Schweiz: Die katastrophale Klima-Bilanz von Vitol, Glencore & Co

Die Schweizer Rohstoffkonzerne handeln täglich mit Millionen Tonnen Kohle, Öl und Gas. Ihr fossiles Geschäftsmodell befeuert die Klimakrise massgeblich mit. Berechnungen von Public Eye zeigen, dass allein die von den grössten fünf Firmen verkauften Produkte im Jahr 2023 einen CO2-Austoss verursachten, der etwa das Hundertfache der gesamten Schweiz betrug. Auch fürs Klima ist der Rohstoffhandel also ein Hochrisikosektor und braucht vom Parlament deshalb dringend strengere Richtlinien für mehr Transparenz.

An der heute in Aserbaidschan beginnenden 29. UNO-Klimakonferenz dürfte die Schweizer Rohstoffbranche gut vertreten sein. Um die von der Staatengemeinschaft 2015 beschlossenen Pariser Klimaziele foutieren sich die Handelskonzerne allerdings. Und zwar in bislang ungeahntem Ausmass: Vergangenes Jahr war der gemeinsame Klima-Fussabdruck von Glencore, Gunvor, Mercuria, Trafigura und Vitol mit über vier Milliarden Tonnen CO2 mehr als hundertmal grösser als jener ihrer Wahlheimat, der Schweiz. Dies ergeben Schätzungen von Public Eye auf der Basis öffentlich verfügbarer Daten. Der Löwenanteil davon entfällt auf die indirekten Emissionen ihrer weltumspannenden Wertschöpfungsketten, auch «Scope 3» genannt. Dazu gehören jene aus dem Schiffstransport, vor allem aber all die, welche bei der Verbrennung der gehandelten Energierohstoffe Kohle, Öl und Erdgas anfallen. In den Nachhaltigkeitsberichten der genannten Firmen erscheinen diese Schlüsselzahlen entweder gar nicht oder sind viel zu tief.

Trotz wachsendem öffentlichem Druck sind die Schweizer Branchenführer beim Klimathema immer noch sehr intransparent. So wollen sie vertuschen, dass ihre Milliardengewinne der letzten Jahre statt in die überfällige Transformation ihres fossilen Geschäftsmodells in weitere Öl- und Gas-Deals geflossen sind. Auch die Reduktionsmassnahmen und Klimaziele von Glencore & Co sind entweder viel zu unambitioniert oder schlicht inexistent. Einige Unternehmen vergrössern ihren vermeintlichen Fortschritt beim Klimaschutz gar mit Rechentricks. Unsere systematische Auswertung ihrer Umweltberichte zeigt: Die Ziele der im fossilen Zeitalter verharrenden Hochrisikobranche sind mit den Klimazielen von Paris prinzipiell unvereinbar.

Die grössten Schweizer Rohstoffhändler haben das epochale Klimaproblem mitverursacht und massiv daran verdient. Entsprechend zynisch wirkt ihr Versuch, in den CO2-Zertifikatshandel einzusteigen und eigene Waldschutz- und Kochherdprojekte als Lösung der Klimakrise zu verkaufen. Diese Kompensationsansätze sind wissenschaftlich höchst umstritten und stehen zudem in groteskem Missverhältnis zum angerichteten Schaden. Parlament und Bundesrat müssen mit strengeren Berichterstattungsrichtlinien mehr Transparenz über den wahren Beitrag dieses wichtigen Wirtschaftssektors zur globalen Klimakrise schaffen und sicherstellen, dass dieser die Ziele des Pariser Abkommens nicht weiter mit Füssen tritt.

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