Angolanische Erdölgelder: Genfer Generalstaatsanwalt muss Fall wieder aufnehmen

Basel, Lausanne und London, 13.02.2008 - Die Aktion Finanzplatz Schweiz, die Erklärung von Bern und Global Witness protestieren gegen die Passivität des Genfer Staatsanwalts und des Genfer Untersuchungsrichters in einem seit dem Jahr 2000 hängigen Korruptionsverfahren. Es geht um die vermutete Unterschlagung grosser Summen öffentlicher Mittel des Staates Angola, einem der bedeutendsten afrikanischen Erdölproduzenten. In diesen Fall sind auch hohe angolanische Würdenträger verwickelt.

Der Fall betrifft zwielichtige Finanztransfers in Millionenhöhe auf ein Genfer Bankkonto Ende der 1990er Jahre. Es handelt sich um Erdöleinnahmen, die für die Rückzahlung angolanischer Schulden an Russland bestimmt waren. Die bislang bekannten Indizien bezüglich der Korrumpierung ausländischer Staatsdiener und Geldwäsche sind genügend aussagekräftig, um eine Fortsetzung der Untersuchung zu rechtfertigen. Dennoch hat der Genfer Generalstaatsanwalt Daniel Zappelli ein Verfahren in dieser Sache Ende 2004 eingestellt.

Am 22. Dezember 2006 haben sechs angolanische Bürger bei Generalstaatsanwalt Zappelli Anzeige eingereicht, um eine Wiederaufnahme der Untersuchung zu erreichen. Im Juli 2007 wurde ein Memorandum an Zappelli und an Untersuchungsrichter Vincent Fournier geschickt, das die Fakten, welche die Anzeige der angolanischen Bürger stützen, detailliert darlegt. Bis jetzt hat die Genfer Justiz aber nichts unternommen, um die Untersuchung zu Ende zu führen.

Die drei Nichtregierungsorganisationen sind empört über die Trägheit des Genfer Generalstaatsanwalts und des Genfer Untersuchungsrichters und verlangen von ihnen in einem Brief vom 11. Februar 2008, im Fall Abalone aktiv zu werden. Laut André Rothenbühler von der Aktion Finanzplatz Schweiz „müssen die Justizbehörden, insbesondere im Kanton Genf, dem Kampf gegen Korruption und Geldwäsche hohe Priorität einräumen. Es geht um die Glaubwürdigkeit der in diesen Bereichen von der Schweiz eingegangenen internationalen Verpflichtungen.“

Zwischen 1997 und 2001 wurden 774 Millionen US-Dollar angolanischer Öleinnahmen auf ein Konto der UBS in Genf überwiesen. Dieses Konto gehörte der Firma Abalone Investment Limited, einer Tarnfirma des französischen Geschäftsmanns Pierre Falcone und seines Geschäftspartners Arcadi Gaydamak. Die Summe war zur Rückzahlung angolanischer Schulden an Russland bestimmt. Es gingen jedoch nur 161 Millionen US-Dollar auf ein Konto des russischen Finanzministeriums ein. Ungefähr 600 Millionen tauchten hingegen auf anderen Konten wieder auf, die Falcone, Gaydamak und einer Reihe obskurer Firmen gehören. Laut einem in der französischen Zeitung Le Canard Enchaîné abgedruckten Memorandum und Dokumenten, in die Global Witness Einsicht hatte, stehen hinter einigen dieser Konten hohe angolanische Funktionäre und auch Präsident Dos Santos.1

In dem von Zappelli eingestellten Verfahren wurde gegen Falcone wegen Geldwäsche, Unterstützung einer kriminellen Vereinigung und der Bestechung ausländischer Staatsdiener ermittelt. Gaydamak wurde nie formell angeklagt. Beide Männer verneinen jegliche Veruntreuung von Geldern.

Gegen Falcone läuft gegenwärtig in Frankreich ein Prozess in der Affäre „Angolagate“. Er wird beschuldigt, sich während des Bürgerkrieges in Angola am Waffenhandel beteiligt zu haben. Er wurde in Frankreich bereits wegen der Veruntreuung öffentlicher Mittel über eine Firma namens Sofremi verurteilt. Diese Firma ist aktiv im Verkauf von Sicherheitssystemen.2

Anne-Kathrin Glatz von der Erklärung von Bern (EvB) betont: „Am Vorabend der ersten demokratischen Wahlen in Angola müssen die Bürger die Wahrheit über die Verwicklung ihrer Behörden in hängige Fälle von Unterschlagung öffentlicher Gelder erfahren. Die Erdöleinnahmen müssen auf transparente Weise verwaltet werden und dazu beitragen, die Armut zu verringern.“

Angola verzeichnet jährliche Erdöleinnahmen von cirka 15 Milliarden US-Dollar. Dennoch leben drei Viertel der Bevölkerung unter der Armutsgrenze.3

1) Siehe Global Witness Time for Transparency, März 2004, Seiten 41-45, Zu finden unter: www.globalwitness.org/media_library_detail.php/115/en/time_for_transparency

2) Siehe Zeitung Le Monde „Pierre Falcone condamné à quatre ans de prison ferme pour fraude fiscale“, 18. Januar 2008, und AFP „Prison ferme pour le fils Pasqua et Pierre Falcone dans le dossier Sofremi“, 11. Dezember 2007

3) Siehe „IMF Executive Board Concludes 2006 Article IV Consultation with Angola“, FMI, 15. November 2006 www.imf.org/external/np/sec/pn/2006/pn06133.htm) und „ANGOLA: Poor marks for progress on MDG“, Irin 23. Oktober 2006 www.irinnews.org/Report.aspx?ReportId=61395).