Börsengang: Glencore macht ein paar Milliardäre und hält dafür Millionen in Armut
18. Mai 2011
Das morgige „Initial Public Offering“ (IPO) von Glencore in London und Hongkong wird dem Zuger Rohstoffgiganten, der bislang vollständig im Besitz seiner 485 Topmanager war, vermutlich über 10 Mia. Dollar in die Kasse spülen. Dies ist fast so viel wie die 15,7 Mia. Dollar, welche ganz Sambia im vergangenen Jahr erwirtschaftet hat. Der Vergleich mit dem Bruttoinlandprodukt dieses afrikanischen Staats ist kein zufälliges Beispiel: Der Zuger Weltkonzern fördert in Sambia Kupfer und Kobalt, vor allem aber ist das auf Platz 150 (von 169) im aktuellen Human Development Index liegenden Land eines der Hauptopfer von Glencores aggressiver Steuervermeidung.
Trotz rekordhoher Kupferpreise hat die Glencore-Tochter Mopani in den letzten Jahren immer nur Verluste ausgewiesen und deshalb nie Gewinnsteuern bezahlt. Dies belegt ein Audit der Buchprüfungsfirmen Grant Thornton und Econ Pöyry, das im Auftrag der sambischen Steuerbehörden durchgeführt wurde. Auf dessen Basis lassen sich die jährlichen Steuerverluste Sambias durch diese Manipulationen auf etwa 124 Mio. Dollar veranschlagen. Hinzu kommen weitere 50 Mio. Dollar entgangene Dividenden auf der zehnprozentigen Staatsbeteiligung an Mopani. Derweil werden die beiden Leiter von Glencores Kupfergeschäft durch ihre sechsprozentigen Beteiligungen morgen auf einen Schlag geschätzte 3,7 Mia. Dollar reicher. Ihr Chef Ivan Glasenberg verdient durch den Börsengang gar um die 9,6 Mia. Dollar und verdrängt damit Viktor Vekselberg vom fünften Platz des Bilanz-Rankings.
Dass der Handels- und Bergbauriese als börsenkotiertes Unternehmen mehr soziale und ökologische Verantwortung zeigen wird, muss bezweifelt werden. Gemäss Glasenberg wird der Börsengang „die Art und Weise, wie wir operieren, nicht ändern. Er wird uns überhaupt nicht beeinflussen.“ Unverändert bleiben wird zudem die hochkomplexe Firmenstruktur zur Steuervermeidung. Der einfachere Zugang zu Zahlen des Unternehmens wird an dessen Geschäftsgebaren also nichts ändern, zumal bei konsolidierten Zahlen alle Hinweise auf skandalöse Steuerpraktiken verschwinden. Ausserdem verfasst Glencore schon lange Jahresberichte, bloss waren diese bislang nur an Investoren gerichtet und wurden nicht offiziell publiziert. Auch der Manipulation durch Transferpreise zwischen Tochtergesellschaften und der Profitverlagerung durch Unterkapitalisierung wird das Listing keinen Riegel schieben.
Die Erklärung von Bern (EvB) fordert deshalb, dass multinationale Unternehmen gerade im Rohstoffsektor mittels „Country by Country Reporting“ gesetzlich dazu verpflichtet werden, ihren Umsatz und Gewinn länderweise offenzulegen. Damit künftig auch die sambische Bevölkerung vom Kupferboom profitiert.