Die Schweiz bleibt Fluchtburg für Diktatorengelder
18. September 2012
Die offizielle Schweiz brüstet sich gerne damit, weltweit eines der besten Gesetze gegen die Geldwäscherei und den Zufluss von Potentatengeldern zu haben. Trotzdem tauchen seit dem Beginn des „arabischen Frühlings“ immer wieder neue Konten auf, die den ehemaligen nordafrikanischen Diktatoren und ihrem korrupten persönlichen Umfeld gehören. Im Jahresbericht 2011 der Meldestelle für Geldwäscherei (MROS) ist nachzulesen, dass im Jahr 2010 keine einzige Meldung mit Bezug zu Ägypten oder Tunesien einging. Das bedeutet, dass die gesperrten Vermögen von den betroffenen Finanzintermediären nicht freiwillig gemeldet wurden, das Abwehrdispositiv also versagt hat.
Am 17. September diskutierte der Nationalrat nun verschiedene parlamentarische Vorstösse, die es für Diktatoren und korrupte Amtsträger endlich schwieriger gemacht hätten, ihr Geld auf Schweizer Banken zu deponieren. Zum Beispiel hätten ausländische Amtsträger nachweisen müssen, dass ihre Gelder aus rechtmässigen Quellen stammen. Andere Vorstösse forderten eine Verschärfung der Sorgfaltsregeln und Meldepflichten der Banken.
Eine klare Mehrheit der Ratsmitglieder lehnte die Vorstösse jedoch ab. Alliance Sud – die entwicklungspolitische Arbeitsgemeinschaft der Schweizer Hilfswerke – und die Erklärung von Bern kritisieren dies als kurzsichtig und inkonsequent. Letztlich dürften parteipolitische Überlegungen den Ausschlag gegeben haben, stammten die Vorschläge doch allesamt aus der sozialdemokratischen Fraktion. Konkret bedeutet der Entscheid aber, dass die Schweiz eine sichere Fluchtburg für Diktatorengelder bleibt.
Potentatengelder schaden nicht nur dem Image des Schweizer Finanzplatzes, sondern vor allem den bestohlenen Bevölkerungen in den betroffenen Ländern. Es geht um Vermögen, die den Herkunftsländern für die wirtschaftliche und soziale Entwicklung fehlen. Zum Vergleich: Seit letztem Jahr wurden auf Schweizer Konten 693 Millionen Franken an verdächtigen Vermögen entdeckt, die aus Ägypten stammen. Das ist fast das Zwanzigfache des Betrags, den die Schweiz dieses Jahr in die Entwicklungszusammenarbeit mit diesem Land investieren will.
Die „Lex Duvalier“ (RuVG), die im Februar 2011 in Kraft getreten ist, regelt nur die Rückgabe gestohlener Vermögen. Ausserdem ist sie auf Länder ohne funktionierende staatliche Institutionen beschränkt. Griffige Massnahmen, die verhindern, dass Potentatengelder überhaupt in die Schweiz gelangen, fehlen bis anhin.