Glencore-Geschäfte im Kongo: Public Eye erstattet Strafanzeige
Zürich / Lausanne, 19. Dezember 2017
Von 2007 an hat Glencore im Kongo, dessen Bevölkerung besonders stark unter dem Rohstoff-Fluch leidet, zu Spottpreisen substantielle Anteile an Kupfer- und Kobaltminen gekauft, deren Wert in die Milliarden Dollar geht. Dafür hat sich der Zuger Konzern unter höchstem Risiko mit dem israelischen Geschäftsmann Dan Gertler zusammengetan, dessen übler Ruf den Verantwortlichen bekannt war und der in seiner höchst problematischen Nähe zur kongolesischen Machtelite gründet. Bereits 2001 hatte ein dem UNO-Sicherheitsrat unterbreiteter Report die Diamantengeschäfte von Gertler als „Alptraum für die Regierung des Kongo“ bezeichnet.
Die Enthüllungen der Paradise Papers haben diesem Bild weitere wichtige Puzzleteile hinzugefügt. Als Glencore im Begriff war, die Kontrolle über die Minengesellschaft Katanga zu übernehmen, hat diese Gertler demnach mehrmals für Verhandlungen mit den kongolesischen Behörden mandatiert. Anfang 2009 gab ihm Glencore einen Kredit von 45 Millionen Dollar, der an den Erfolg eben dieser Verhandlungen gebunden war. Nach seiner Intervention erhielt Katanga eine sensationelle Reduktion auf die wegen der Neuerteilung der Schürfrechte fällige Lizenzgebühr („pas de porte“) und zahlte dem Kongo dafür statt der ursprünglich geforderten 585 nur 140 Millionen Dollar. Laut der NGO Ressource Matters musste Glencore vier Mal weniger berappen als die allermeisten Konkurrenten. Der Rohstoffkonzern wie auch Gertler bestreiten jegliche illegalen Handlungen.
Glencore distanzierte sich von Gertler erst nach einem Entscheid der US-Justiz im September 2016 im Zusammenhang mit einem Korruptionsverfahren gegen einen Hedge-Fonds. Dieses Schuldeingeständnis zeigt, dass innert zehn Jahren Schmiergelder in der Höhe von 100 Millionen Dollar an kongolesische Amtsträger geflossen sind. Diese wurden über einen "israelischen Geschäftsmann" und weitere Personen ausbezahlt, den zahlreiche Medien als Dan Gertler identifiziert haben. Glencore hat in seiner Generalversammlung im Mai 2017 nochmals versichert, vor der Zusammenarbeit mit Gertler diesen einer „vollständigen und gründlichen“ Überprüfung unterzogen zu haben.
Ungeachtet der diversen Berichte seriöser Medien und NGOs wie Global Witness haben sich die Schweizer Strafverfolgungsbehörden bislang nicht für diesen Fall interessiert. Mit ihrer Strafanzeige fordert Public Eye die Bundesanwaltschaft nun auf, mit einer Untersuchung möglicher Veruntreuungen vor allem auch die Frage zu klären, ob Glencore seiner Pflicht zur Verhinderung illegaler Verhaltensweisen nachgekommen ist – so wie es das Schweizer Strafrecht von Unternehmen verlangt.
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