Menschenrechte: Bundesrat benennt Probleme, verpasst aber die Umsetzung
28. Mai 2014
Am 28. Mai veröffentlichte der Bundesrat den Bericht zur Erfüllung des Postulats 12.3980, das als Reaktion auf die Petition «Recht ohne Grenzen» entstand. Es verlangte Aufschluss über die Möglichkeiten, Unternehmen zu menschenrechtlicher und umweltbezogener Sorgfaltsprüfung zu verpflichten. Der Bericht des Bundesrates zeigt: Es besteht Handlungsbedarf und die gesetzliche Verankerung der Sorgfaltsprüfung ist denkbar. Jetzt ist das Parlament gefordert.
Immer wieder machen Schweizer Konzerne negative Schlagzeilen, wie zum Beispiel am 12. März, als die SRF-Sendung «Rundschau» über die Glencore-Tochterfirma Mopani berichtete, die in Sambia eine Kupfermine betreibt, welche Menschen und Umwelt mit Schwefeldioxid-Emissionen belastet, die den WHO-Richtwert fast um das Vierzigfache überschreiten. In dieser Gegend sind Atemwegerkrankungen extrem verbreitet und die Sterberate ist sehr hoch. Solche Vorfälle zeigen: Menschenrechtsverletzungen und Umweltverschmutzung durch Unternehmensaktivitäten sind Realität. «Recht ohne Grenzen» fordert deshalb verbindliche Regeln für Schweizer Unternehmen.
Die Aussenpolitische Kommission des Nationalrats hat auf die mit 135‘000 Unterschriften eingereichte Petition «Recht ohne Grenzen» mit einem Postulat reagiert, welches einen Bericht forderte über die Möglichkeiten, Unternehmen zu menschenrechtlicher und umweltbezogener Sorgfaltsprüfung zu verpflichten. Das Instrument der Sorgfaltsprüfung ist das Kernstück der 2011 vom Menschenrechtsrat einstimmig verabschiedeten UNO-Leitprinzipien. Der Bundesrat hat heute seinen Bericht publiziert und anerkennt den Handlungsbedarf: «Die Dichte internationaler Unternehmen mit Sitz in der Schweiz ist ausgesprochen hoch. Die Frage, ob die Schweiz bei der Umsetzung der UNO-Leitlinien für Wirtschaft und Menschenrechte und anderer internationaler Standards im Bereich der Menschenrechte und des Umweltschutzes nicht eine Vorreiterrolle einnehmen sollte, ist deshalb berechtigt.» Die Schweiz trage deshalb für «die Einhaltung der Menschenrechte und den Umweltschutz, namentlich auch in Ländern mit ungenügender Rechtsstaatlichkeit, eine grosse Verantwortung.» Der Bundesrat anerkennt die Sachdienlichkeit einer Kombination von verbindlichen und freiwilligen Massnahmen und sieht einen nationalen und internationalen «Trend in Richtung Transparenz und vermehrter direkter Verantwortung von Unternehmen für ihre Auswirkungen auf die Menschenrechte und die Umwelt».
Zum ersten Mal zeigt der Bundesrat verschiedene Möglichkeiten auf, wie die Sorgfaltsprüfung und/oder eine Berichterstattungspflicht für Unternehmen gesetzlich verankert werden könnten. Die Variante, die in den Augen des Bundesrates am weitesten geht, («Sorgfaltsprüfung als Aufgabe und Pflicht des Verwaltungsrats plus Berichterstattungspflicht sowie externe Prüfung») ist für die Koalition «Recht ohne Grenzen» das absolute Minimum. Alle anderen Vorschläge drohen zu reinen Papiertigern ohne Wirkung zu verkommen.
«Recht ohne Grenzen» begrüsst die gute Auslegeordnung des Bundesrats und die grundsätzliche Würdigung verbindlicher Regeln: «Durch die Anerkennung des gesetzgeberischen Handlungsbedarfs in diesem Bereich übernähme die Schweiz die Verantwortung für eine aktive Förderung bei der Einhaltung der Menschenrechte und beim Schutz der Umwelt.» Es ist hingegen bedauerlich, dass der Bundesrat es bei der «Grundlage für mögliche konkrete Gesetzesvorschläge» belässt und es verpasst, den nächsten logischen Schritt, die gesetzliche Verankerung der Sorgfaltsprüfung an die Hand zu nehmen.
Der Ball liegt daher nun beim Parlament. Auf Seiten der Koalition Recht ohne Grenzen sind die Vorbereitungen für eine mögliche Volksinitiative zu diesem Thema mittlerweile weit fortgeschritten. Der Fokus des Entwurfs konzentriert sich exakt auf diese Prävention mittels Pflicht zur Sorgfalt bei Auslandgeschäften und betont die Verantwortung der hiesigen Mutterunternehmen für die gesamte Zulieferkette.