Nach dem Kongo die Elfenbeinküste: Bundesanwaltschaft interessiert sich für weiteren Deal der Rohstoffhandelsfirma Gunvor

Jetzt muss sich die Genfer Firma Gunvor gegenüber der Schweizer Justiz auch für eine Rohöllieferung verantworten, die sie in der Elfenbeinküste unter dubiosen Umständen erhalten hat. Dabei hat der Konzern einmal mehr die Dienste eines zwielichtigen Vermittlers in Anspruch genommen. Dieser neuerliche Fall verdeutlicht die Notwendigkeit, dass die Schweiz den Rohstoffhandel reguliert, wie es auch die OECD in ihrer jüngsten Bewertung der schweizerischen Anti-Korruptions-Massnahmen fordert. Morgen hat der Nationalrat die Möglichkeit, die Transparenz in diesem Hochrisikosektor zu verbessern.

Die Firma Gunvor, gegen die seit Mai 2017 wegen Korruption im Zusammenhang mit Geschäften in der Republik Kongo ermittelt wird, steht nun auch wegen eines Öl-Deals in der Elfenbeinküste im Visier der Bundesanwaltschaft. Das Geschäft wurde im März 2014 über die Filiale des Konzerns in Dubai abgewickelt. Die Justiz interessiert sich für E-Mails, Briefe, Verträge und Überweisungen, deren Inhalt Public Eye in der neusten Ausgabe des Public Eye Magazins analysiert.

Am 10. Januar 2014 teilte Petroci, die staatliche Ölgesellschaft der Elfenbeinküste, dem Genfer Konzern mit, dass er den Zuschlag für eine Öllieferung erhalten habe, die im März geladen werden solle. Der entsprechende Auftrag war am 27. Dezember 2013 öffentlich ausgeschrieben worden. Bereits am 4. November hatte jedoch ein Gunvor-Manager in einem Mail an Petroci geschrieben: „Wir verstehen, dass die nächste Lieferung […] an die Firma Gunvor geht, und bedanken uns dafür.“ Diese Chronologie der Ereignisse lässt es als höchst zweifelhaft erscheinen, dass die Ausschreibung korrekt abgelaufen ist. Gunvor versichert zwar, dies sei nach den üblichen Gepflogenheiten durchgeführt worden, räumt aber auch ein, beim Deal sei es zu „Dysfunktionen“ gekommen: „Das in dieser Korrespondenz beschriebene Verhalten erfüllt Gunvors Erwartungen und Standards nicht“, teilt die Firma mit.

Um an die Ladung zu kommen, hatte Gunvor bei den ivorischen Behörden intensiv lobbyiert – unter anderem beim Innenminister, der eigentlich nichts mit Erdöl zu tun hat. Zudem überwies Gunvor hohe Geldbeträge an eine unbekannte Consulting-Firma. Hinter dieser steckte ein zwielichtiger Mann, auf dessen Dienste Gunvor auch im Kongo vertraute: Olivier Bazin. Gunvor hatte zwar im Jahr zuvor behauptet, jeglichen Kontakt zu dem skandalumwobenen Vermittler abgebrochen zu haben, weil er „den Compliance-Test nicht bestanden“ habe. Doch Bazin war auch im Frühling 2014 noch aktiv. Letzen September hat Public Eye aufgedeckt, wie er bei einem versteckt gefilmten Treffen einen Gunvor-Kadermann begleitete, der bei diesem Gespräch einem Dritten einen Plan für die Bezahlung von Schmiergeldern präsentierte, um wieder in den kongolesischen Markt zu kommen.

Solche Praktiken veranschaulichen einmal mehr die mit dem Rohstoffhandel verbundenen Risiken. Die OECD betont in ihrem im März veröffentlichten Evaluierungsbericht zur Umsetzung der Anti-Korruptionskonvention durch die Schweiz, dass die Korruptionsrisiken in diesem Sektor „besonders hoch“ seien – aufgrund der involvierten Akteure, der sehr hohen Gewinnpotenziale, der Undurchsichtigkeit der Verkäufe und der Absenz spezifischer Vorschriften oder internationaler regulatorischen Standards. Das multilaterale Gremium empfiehlt der Schweiz, den Sektor "angemessen und verbindlich“ zu regulieren.

Die Handelsfirmen stellen sich dagegen auf den Standpunkt, dass sie einer indirekten Aufsicht durch die Banken unterlägen, die ihre Aktivitäten finanzieren. Der Ständerat ist skeptisch: Im März hat er ein Postulat von CVP-Ständerätin Anne Seydoux-Christe (Jura) angenommen, das den Bundesrat auffordert, diese Frage zu prüfen. Der Nationalrat hat es seinerseits in der Hand, die Transparenz im Rohstoffhandel zu verbessern. Im Rahmen der Aktienrechtsrevision kann die Rechtskommission des Nationalrats morgen entscheiden, dass Handelsunternehmen ihre Zahlungen an Regierungen offenlegen müssen.

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