Neuauflage der Fichenaffäre? EvB bei der Bündner Kantonspolizei registriert
13. Juni 2001
Die polizeiliche Registrierung von Personen, Gruppen und Organisationen, die sich im Zusammenhang mit dem Weltwirtschaftsforum (WEF) Davos kritisch äusserten oder äussern wollten, wird von der Kapo Graubünden damit begründet, dass im Vorfeld der Jahresversammlung des WEF massive Gewaltandrohungen gemacht worden seien. Die Fichierung von verdächtigen Personen habe dem Schutz der WEF-Teilnehmerinnen und -Teilnehmer gedient. Die Erklärung von Bern erachtet es als unhaltbar, dass dabei offenbar breit und wahllos Fichen von Personen und Organisationen angelegt worden sind. Die EvB hat sich wiederholt öffentlich zur Gewaltfreiheit bekannt.
Der in der EvB-Fiche eingetragene Vermerk "gewaltfreie Organisation (Globalisierungsgegner)" lässt darauf schliessen, dass sämtliche Personen und Organisationen, die der aktuellen Globalisierungspolitik gegenüber kritisch eingestellt sind, fichiert werden können. Dies erinnert an die Praxis der siebziger und achziger Jahre, als flächendeckend linke, grüne und feministische Gruppen und Personen registiert wurden. Beim "sichergestellten Material", das gemäss EvB-Ficheneintrag vernichtet worden ist, handelt es sich um konfiszierte Konferenz-Programme. "Aus Sicht der Kantonspolizei bestehen keine ersichtlichen Gründe, den Eintrag zu löschen, da er mit keinen negativen Auswirkungen verbunden ist", hält die Kapo Graubünden fest. Die Erklärung von Bern fordert von der Kantonspolizei Graubünden die Offenlegung der Kriterien, welche die polizeiliche Registierung und das Anlegen von Fichen rechtfertigen. Zudem verlangt sie die Offenlegung und anschliessende Vernichtung aller Daten von Personen und Organisationen, die im Zusammenhang mit dem WEF Davos willkürlich erhoben worden sind.