Neue Konzern­verantwor­tungs­initiative verhindert Schweizer Alleingang

Ein breites Komitee mit Vertreter:innen aller politischer Lager sowie Unternehmer:innen und Vertreter:innen der Zivilgesellschaft stellt heute in Bern die neue Konzernverantwortungsinitiative vor. Die Initiative verpflichtet Konzerne bei ihren Geschäften zur Einhaltung von Menschenrechten und Umweltbestimmungen.

Bis heute verletzen Konzerne mit Sitz in der Schweiz immer wieder Menschenrechte und grundlegende Umweltbestimmungen: Sei es eine Glencore-Mine in Peru, die einen ganzen Landstrich vergiftet, Goldraffinerien wie MKS Pamp, die problematisches Gold in die Schweiz importieren, der Genfer Metallhandelskonzern IXM, der in Namibia rund 300'000 Tonnen hochgiftige Abfälle zurücklässt oder gewisse Schokolade-Konzerne, die bis heute von Kinderarbeit profitieren. Mitte-Nationalrat Stefan Müller-Altermatt stellt klar: «Dieses Verhalten schadet dem Ruf unserer Wirtschaft und muss nun endlich aufhören.»

Die Beispiele zeigen auch, dass der Gegenvorschlag zur ersten Konzernverantwortungsinitiative, der weitgehend auf Wunsch der Konzernlobbyverbände eingeführt wurde und auf Berichterstattung fokussiert, wirkungslos geblieben ist

Schweiz bald einziges Land ohne Konzernverantwortung 

2020 warnten die Gegner:innen im Abstimmungskampf um die erste Konzernverantwortungsinitiative, die Schweiz würde «weltweit einzigartige Haftungsregeln» einführen. Die damalige Justizministerin Keller-Sutter versprach, «international abgestimmt» vorgehen zu wollen und «gleich lange Spiesse» für Unternehmen in der Schweiz und der EU anzustreben. 

Doch obwohl seither verschiedene europäische Länder wie Deutschland und Norwegen Konzernverantwortungsgesetze einführten und im Frühling 2024 die Europäische Union eine Sorgfaltspflichtenrichtlinie verabschiedete, kommt die Diskussion hierzulande nicht voran. GLP-Nationalrat Beat Flach sagt: «Die Schweiz ist nun bald das einzige Land in Europa ohne Konzernverantwortung. Das wollen wir nicht. Die Schweiz muss international abgestimmt vorgehen.» 

Initiative stellt für Grosskonzerne verbindliche Regeln auf 

Die neue Initiative «Für verantwortungsvolle Grossunternehmen – zum Schutz von Mensch und Umwelt» möchte Schweizer Konzerne dazu verpflichten, bei ihren Geschäften Menschenrechte und Umweltbestimmungen einzuhalten und ihre klimaschädlichen Emissionen zu reduzieren. Die geforderten Pflichten sind eng mit den internationalen Standards in dem Bereich und den neuen Pflichten in der EU abgestimmt und gelten für Konzerne ab 1'000 Mitarbeitenden und 450 Millionen Franken Umsatz. Im besonders risikobehafteten Rohstoffsektor sollen auch Grossunternehmen erfasst werden, die diese Schwellenwerte nicht erreichen. 

Glencore müsste mit der Initiative beispielsweise endlich Massnahmen ergreifen, um die jahrelange Verschmutzung rund um die Mine Antapaccay in Peru zu stoppen und die Schäden zu sanieren.

Damit sich alle Konzerne an die neuen Regeln halten, sieht die Initiative vor, dass Betroffene von Menschenrechtsverletzungen vor einem Schweizer Gericht Schadenersatz einfordern können. Die Pflichteinhaltung soll zudem von einer unabhängigen Aufsicht stichprobenartig überprüft werden, wie das auch in den anderen europäischen Ländern vorgesehen ist.

Der ehemalige FDP-Nationalrat und Regierungsrat Claude Ruey kommentiert: «Die Initiative setzt ein rechtsstaatliches Prinzip um, das mir als Liberaler sehr am Herzen liegt: Jeder ist für sein Handeln verantwortlich und wer einen Schaden anrichtet, soll dafür geradestehen. »

Dem Initiativkomitee ist es wichtig, einen pragmatischen Vorschlag zu machen. Im neuen Initiativtext wurden deshalb einige Zugeständnisse an die Gegner:innen der ersten Konzernverantwortungsinitiative gemacht, um auf die bereits geführte Diskussion in der Schweiz Rücksicht zu nehmen. So ist die Haftung für Zulieferer im Vergleich zur EU-Richtlinie ausgeschlossen, die Beweislastverteilung ist im Vergleich zur ersten Initiative offener geregelt und KMU sind vom Geltungsbereich der Initiative ausgeschlossen.

Unterschriften sollen in 30 Tagen gesammelt werden

Hinter der Initiative steht ein breites Komitee, in dem bekannte Politiker:innen aller Lager, Unternehmer:innen und Vertreter:innen der Zivilgesellschaft Einsitz nehmen. Dazu kommen tausende Einzelpersonen, die bereits für die erste Initiative eine Fahne aufgehängt haben und nun mithelfen, dass die nötigen 100'000 Unterschriften in nur 30 Tagen zusammenkommen. In der ganzen Schweiz haben Freiwillige im Verlauf vom Januar über 1'000 Standaktionen organisiert, um diesen Sammelrekord zu schaffen und so ein starkes Zeichen zu setzen, damit Konzerne endlich für Menschenrechtsverletzungen und Umweltzerstörung geradestehen müssen.

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