OECD-Bericht: Automatischer Informationsaustausch nicht nur für reiche Länder!
13. Februar 2014
Die OECD zeigte heute auf, wie sie sich internationale Abkommen zum automatischen Informationsaustausch vorstellt. Ihr Bericht war mit Spannung erwartet worden. Das Wort »Entwicklungsländer« kommt darin aber nur gerade zweimal vor. Beim ersten Mal betont die OECD, dass der Kapitalabfluss in ausländische Steueroasen diesen Ländern ernsthafte Entwicklungsprobleme bereitet. Beim zweiten Mal erwähnt sie den Auftrag der G-20, dem automatischen Informationsaustausch eine Form zu geben, die auch den ärmsten Ländern nützt
Davon ist der aktuelle OECD-Vorschlag leider noch meilenweit entfernt. Genau betrachtet schliesst er die Entwicklungsländer sogar vom neuen globalen Standard aus. Das dürfte auch am Einfluss der Schweiz liegen, die in den Vorarbeiten zum heutigen Bericht auf möglichst grosse Einschränkungen pochte.
Hauptproblem des aktuellen OECD-Vorschlages ist, dass er einen wechselseitigen Austausch von Steuerinformationen vorsieht. Konkret bedeutet das, dass ein Land nur dann Zugang zum automatischen Informationsaustausch haben kann, wenn es in der Lage ist, gleichzeitig eigene Daten ins Ausland zu versenden. Die Sammlung und Übermittlung solcher Daten setzt jedoch eine bürokratische und technische Infrastruktur voraus, die sich viele Entwicklungsländer zurzeit gar nicht leisten können. Für die vielen Entwicklungsländer, die sowieso keine ausländischen Steuerfluchtgelder beherbergen, ist sie ausserdem sinnlos.
Entwicklungsorganisationen weltweit haben die OECD deshalb letzten November aufgefordert, eine Stufenlösung für den wechselseitigen Informationsaustausch zu erwägen. Die Entwicklungsländer sollten zwar sofort ins weltweite System des automatischen Informationsaustauschs einbezogen werden, aber erst nach einer mehrjährigen Übergangsfrist eigene Daten sammeln und versenden müssen. Ausserdem sollten sie dafür die nötige finanzielle Unterstützung erhalten. Das sieht der aktuelle OECD-Vorschlag leider nicht vor.
Geradezu absurd ist dafür die Idee, der Informationsaustausch sollte im Fall von Trusts und juristischen Personen nur Bankkonten über 250‘000 Dollar erfassen. Dieser Schwellenwert ist bereits für Vermögen aus reichen Industrieländern zu hoch, aber noch mehr für undeklarierte Gelder aus ärmeren Ländern.
Alliance Sud und die Erklärung von Bern verlangen vom Bundesrat bereits jetzt, über den OECD-Vorschlag hinauszugehen. Die Schweiz ist als beliebtes Ziel für Steuerfluchtgelder aus Entwicklungsländern aufgefordert, diesen Ländern rasch einen umfassenden automatischen Informationsaustausch anzubieten, ohne von Beginn weg auf Wechselseitigkeit zu pochen. Der automatische Informationsaustausch hätte auf potentielle Steuersünder aus diesen Ländern auch dann eine enorme abschreckende Wirkung, wenn deren Behörden gar nicht alle automatisch erhaltenen Daten auswerten würden.
Für weitere Informationen:
Mark Herkenrath, Alliance Sud, Tel. 078 699 58 66
Olivier Longchamp, Déclaration de Berne, Tel. 021 620 03 09
Mehr Informationen und das Positionspapier finden Sie hier