Public Eye 2012: Schmähpreise gehen an Barclays und Vale
27. Januar 2012
Mit den Public Eye Awards 2012 prämieren die EvB und Greenpeace zwei Konzerne, die exemplarisch für jene WEF-Mitglieder und Unternehmen stehen, deren soziale und ökologische Vergehen die Kehrseite einer rein profitorientierten Globalisierung zeigen.
Für ihre Spekulationen mit Nahrungsmitteln verlieh die Fachjury der britischen Grossbank Barclays den Public Eye Global Award. Die weltweit wohl schnellstwachsende Nahrungsmittelspekulantin treibt die Nahrungsmittelpreise auf Kosten der Ärmsten in die Höhe. Allein im zweiten Halbjahr 2010 wurden weltweit 44 Millionen Menschen durch steigende Nahrungsmittelpreise in extreme Armut gedrängt. «Frauen im armen Süden werden durch Lebensmittelspekulation oft am härtesten getroffen», betont Amy Horton vom World Development Movement, das Barclays für den Award nominiert hatte.
Kumi Naidoo, Direktor von Greenpeace International und Mitglied der Jury sagt dazu: «Der Public Eye Award ist unsere Chance, den UnternehmensführerInnen, die in diesem Moment ganz in unserer Nähe hier in Davos sitzen, zu zeigen, dass die Menschheit und die Umwelt auch eine Stimme haben, und dass wir eine Stimme sind, die keine Ruhe geben wird.»
Noch nie haben so viele Menschen online über die Vergabe des Public Eye People’s Award abgestimmt. Am meisten Stimmen (25’041) gingen an Vale, knapp gefolgt von Tepco (24’245) und Samsung (19’014). Vale ist der zweitgrösste Konzern Brasiliens, weltweit der zweitgrösste Minenkonzern und global der grösste Eisenerzhersteller. Der Konzern hat eine 60-jährige Geschichte, in der immer wieder Menschenrechtsverstösse, unmenschliche Arbeitsbedingungen und rücksichtslose Naturausbeutung vorkommen. Momentan beteiligt sich Vale am Bau des Belo-Monte-Staudamms im Amazonas. Dieser hat voraussichtlich 40'000 Zwangsumsiedlungen zur Folge, die Betroffenen erhalten weder Mitsprache noch Entschädigung. Eine Fläche so gross wie der Bodensee würde unter Wasser gesetzt mit verheerenden Auswirkungen für die indigene Bevölkerung sowie für Flora und Fauna.
François Meienberg von der EvB: «Wir verfolgen mit den Public Eye Awards auch ein längerfristiges Ziel. All die Nominationen, die wir jährlich publizieren, zeigen einen eklatanten Mangel an Rechtstaatlichkeit. Sie sind ein Aufschrei gegen ein System, in welchem Menschenrechtsverbrecher und Umweltschänder sich vor keiner Strafe fürchten müssen. Dies muss geändert werden.»
Die Trägerorganisationen und Nominierenden der Public Eye Awards verlangen von der Politik schon lange rechtlich verbindliche Regeln für mehr Unternehmensverantwortung. Greenpeace und die EvB haben sich in der Schweiz mit fast 50 Menschenrechtsorganisationen und Hilfswerken, Gewerkschaften und Umweltverbänden, Frauenverbänden und aktionärskritischen Vereinigungen zur Allianz «Recht ohne Grenzen» zusammengeschlossen. Diese fordert Bundesrat und Parlament auf, Firmen mit Sitz in der Schweiz zur Achtung von Menschenrechten und Einhaltung vom Umweltstandards gesetzlich zu verpflichten.
Der heutige Stargast der Preisverleihung, Professor Joseph E. Stiglitz, richtete seinen Blick auf die Weltwirtschaftskrise: «Um unseren Planeten und unsere Gesellschaft zu schützen, sind zwei Sachen grundlegend. Zum Einen brauchen wir staatliche Regulierungen, um Missbrauch zu verhindern. Es braucht aber noch mehr; Einzelpersonen und Unternehmen müssen ihre Vorstellung von Eigeninteresse ausweiten. Die privilegiertesten Menschen und Gesellschaften dieser Erde werden nicht für immer von den Konsequenzen verschont bleiben. Es ist also im Interesse aller, – sogar der reichsten 1 % – dass es unserem Planeten gut geht, und dass der Graben zwischen den Reichen und den Armen sich nicht noch mehr vertieft.» In Bezug auf die Public Eye Awards fordert er: «Mit diesen Nominationen wurden einige der schlimmsten Auswüchse von unverantwortlichem Handeln von Unternehmen des letzten Jahres benannt. Nun ist es wichtig, nicht nur zu benennen, was genau an ihrem Verhalten gegenüber den Arbeitnehmenden und der Umwelt falsch ist, sondern auch systematische Verbesserungen zu fordern – des Anreizsystems, der rechtlichen Grundlagen und unserer eigenen Erwartungen und Forderungen an Unternehmen als Global Citizens. Nur dann können wir hoffen, dass nachhaltige und faire Unternehmenspraktiken zukünftig die Regel und nicht die Ausnahme sind.»