Rohstoff-Megafusion: Xstrata droht mit Glencore ein Imageproblem
7. Februar 2012
Die bislang grösste Firmenfusion der Schweizer Wirtschaftsgeschichte findet ausgerechnet im notorisch intransparenten Rohstoffsektor statt. Die Händler (und mit ihnen zunehmend auch der Handelsplatz Schweiz) stehen wegen Geldwäscherei, Korruption und Steuervermeidung in der Kritik. Und der Bergbau ist bezüglich Menschenrechtsverletzungen und Umweltproblemen sowieso ein Hochrisiko-Geschäft. Entsprechend steht die börsenkotierte Xstrata als viertgrösster Bergbaukonzern der Welt länger schon im Scheinwerferlicht. Weitgehend unter dem Radar der Öffentlichkeit fliegt hingegen der (nach Vitol) weltweit zweitgrösste Rohstoffhändler Glencore. Imagepolitisch ist der Merger deshalb – trotz Marktlogik und langjähriger wechselseitiger Verbandelungen – auch ein „Clash of Corporate Cultures“.
Händler wie Glencore gehen aber auch zunehmend selber in die Produktion, konzentrieren sich dabei aber auf jene Weltregionen, die für die Branchenführer („Mining Majors“) aus Imagegründen bislang tabu waren. Glaubt man Zahlen der Deutschen Bank, so liegen heute wertmässig rund 70 Prozent der Glencore-Produktionsstätten in den hochriskanten Ländern Kolumbien, Kasachstan, Äquatorialguinea und Demokratische Republik Kongo. Und genau in diesen Problemregionen soll der fusionierte Konzern gemäss heutiger Mitteilung künftig noch mehr investieren. Xstrata wäre also plötzlich in Ländern tätig, die der Nachhaltigkeits-Branchenprimus aus Reputationsgründen bislang systematisch gemieden hat.
Doch auch Xstrata ist kein Vorzeigekonzern, zeigt aber wenigstens erste Anstrengungen in Sachen Nachhaltigkeit, während die Glencore hier bei Null beginnt. Glencore profitiert also von Xstratas Saubermann-Image. Vordergründig soll Xstrata zwar die Führung von „Glencore Xstrata International plc“ stellen. Im Hintergrund bleibt die Kontrolle des neuen Rohstoffriesen aber bei den bisherigen Glencore-Mehrheitseigentümern, dem Top-Management um Iwan Glasenberg. Während Glencore auch heute über 80 Prozent seinem Kader gehört, gehört Xstrata externen Aktionären. Speziell die institutionellen Anleger des Bergbaukonzerns wie Pensionsfonds haben jetzt die Chance und Verantwortung, die Wahrung der Nachhaltigkeitsstandards sicherzustellen und ein Abrutschen in die Glencore-Liga zu verhindern.