Schweizer Biopiraterie: Wirtschaftslobby verwässert Nagoya-Abkommen
3. März 2014
Das im Rahmen der UNO-Konvention über biologische Vielfalt im japanischen Nagoya abgeschlossene Nagoya-Protokoll regelt den Zugang zu genetischen Ressourcen für Forschung und Entwicklung und den gerechten Vorteilsausgleich bei deren Nutzung. Der Bundesrat hat das Nagoya-Protokoll 2011 unterzeichnet und legt es, verbunden mit einer Änderung des Natur- und Heimatschutzgesetzes, dem Parlament nun zur Ratifizierung vor. Regulatorischer Kern des Gesetzes ist die Einführung einer Sorgfaltspflicht, aufgrund derer die Nutzer künftig gewährleisten müssen, dass der Zugang zu genetischen Ressourcen rechtmässig erfolgt ist und die Vorteile aus der Nutzung gerecht geteilt werden.
Bei der Beratung hat nun der Nationalrat grosse Löcher in das Gesetz geschlagen. So sollen Krankheitserreger, Schädlinge, kommerzielle Pflanzensorten, sowie traditionelles Wissen, welches bereits zugänglich ist, von der Sorgfaltspflicht befreit werden. Alle diese Ausnahmen sind im Protokoll nicht vorgesehen und stellen eine inakzeptable Aushöhlung dar. Kein anderes Land widerspricht derart dem Wortlaut des Protokolls bei der Umsetzung. Damit präsentiert sich die Schweiz erneut als Land, das internationale Abkommen zwar unterschreibt, anschliessend in der nationalen Umsetzung aber davon abweicht. Dass die eingefügten Ausnahmen nicht mit dem Nagoya-Protokoll konform sind, bestätigte heute selbst Bundesrätin Doris Leuthard. Das ist besonders pikant, da die Schweizer Delegation sich bei der Aushandlung des Nagoya –Protokolls explizit für eine spezifische Regelung von Pathogenen und Schädlingen engagiert hat. Auch der Ständerat hatte diese Ausnahmen bei seiner Behandlung nicht aufgenommen. Es bleibt deshalb die Hoffnung, dass im Differenzbereinigungsverfahren der Ständerat seine Position durchsetzen kann.
Ein anderes Manko, das bereits Teil der Bundesratsvorlage war, kann nach der Zustimmung von Stände- und Nationalrat nicht mehr korrigiert werden. Im Gegensatz zu den Gesetzen der wichtigsten Ursprungsstaaten sollen in der Schweiz nur solche genetischen Ressourcen unter die Verpflichtung des gerechten Vorteilsausgleichs fallen, welche nach Inkrafttreten der Bestimmungen im Ursprungsland erworben wurden. So würden alle Ressourcen, die sich heute in Sammlungen oder botanischen Gärten befinden, selbst wenn sie sie illegal erworben wurden, von der Sorgfaltspflicht ausgenommen sind. Gut möglich, dass durch diese Regelung der Zugang zu genetischen Ressourcen für die Schweizer Forschung künftig erschwert wird.
Weitere Informationen hier oder bei
François Meienberg, Erklärung von Bern, food(at)evb.ch, 079 796 76 12
Friedrich Wulf, Pro Natura, Friedrich.Wulf(at)pronatura.ch, 079 21 602 06