Syngenta exportiert Tausende Tonnen «Bienenkiller»-Pestizide aus der Europäischen Union

Eine Untersuchung von Public Eye und Unearthed enthüllt erstmals das Ausmass der Exporte von Insektiziden auf der Basis so genannter Neonicotinoide aus der Europäischen Union, wo diese Wirkstoffe verboten sind. In nur vier Monaten haben Agrochemiekonzerne die Ausfuhr von fast 3900 Tonnen gemeldet, grösstenteils in Länder, die entscheidend für die globale Biodiversität sind, wie etwa Brasilien. Der Basler Branchenführer Syngenta ist bei weitem die Nummer eins in diesem giftigen Geschäft.

Was die Hersteller jahrzehntelang leugneten, ist heute bestens dokumentiert: die wichtige Rolle von Neonicotinoiden beim dramatischen Rückgang von Bienen und anderen bestäubenden Insekten. Deshalb stimmten die EU-Mitgliedstaaten 2018 für ein Verbot von drei dieser starken Nervengifte (Imidacloprid, Thiamethoxam und Clothianidin) in allen Freilandkulturen. Die Schweiz zog kurze Zeit später nach. Die Entscheidung der EU war eine Weltpremiere und spiegelte den breiten wissenschaftlichen und politischen Konsens wider, den Schutz von Bienen und anderen Bestäubern markant zu verstärken, von denen ein Drittel der weltweiten Nahrungsmittelproduktion abhängt.

Trotzdem erlaubt die EU den Agrochemieunternehmen weiter, diese Insektizide in der EU zu produzieren und sie von dort in Länder zu exportieren, wo ihr Einsatz weiterhin erlaubt ist. Public Eye und Unearthed, die Rechercheabteilung von Greenpeace Grossbritannien, haben die entsprechenden Ausfuhrdaten analysiert, welche sie von der Europäischen Chemikalienagentur mittels Öffentlichkeitsrecht erwirkt haben. Unsere Auswertung zeigt, dass die europäischen Behörden allein von September bis Dezember 2020 den Export von fast 3900 Tonnen auf der Basis von Neonicotinoiden hergestellter Insektizide genehmigt haben. Beteiligt waren neun EU-Staaten, allen voran Belgien, Frankreich und Deutschland. Über 90% davon waren für Länder mit niedrigem oder mittlerem Einkommen bestimmt. Zu den wichtigsten Importeuren gehörten Brasilien, Indonesien, Südafrika oder Ghana.

Syngenta ist verantwortlich für mehr als drei Viertel der Gesamtmenge der bei uns verbotenen Neonicotinoiden, die im Berichtszeitraum aus der EU exportiert wurden. Ihre EU-Tochtergesellschaften meldeten die Ausfuhr von 3426 Tonnen Insektiziden, die 551 Tonnen Thiamethoxam enthielten. Brasilien, das bis zu 20% der verbleibenden Biodiversität unseres Planeten beherbergt, ist Syngentas grösster Markt. Für die gigantischen Sojaplantagen exportierte der Basler Konzern rund 2,2 Millionen Liter seines Hauptprodukts Engeo Pleno S. Damit wird eine Fläche besprüht, die mehr als dreimal so gross ist wie Belgien, von wo aus es versandt wurde.

Diese Enthüllungen kommen zu einem Zeitpunkt, an dem die Europäische Kommission plant, die Einfuhr von Lebensmitteln, welche Spuren von Neonicotinoiden enthalten, zu stoppen: «Wir würden es für inakzeptabel halten, wenn die Produktion von Lebensmitteln, die in die EU importiert werden sollen, [...] eine ernsthafte Bedrohung für die Bestäuberpopulationen weltweit darstellt», sagte sie gegenüber Public Eye. Den massenhaften Export genau jener Substanzen, die diese Bedrohung verursachen, toleriert die EU aber weiter. Diese Inkonsistenz blieb offenbar auch der EU-Kommission nicht verborgen, die im Oktober 2020 überraschend ankündigte, die Herstellung für den Export verbotener Chemikalien ebenfalls zu verbieten. Bleibt zu hoffen, dass diese Absicht dem Druck jener Mitgliedstaaten mit starker Pestizidlobby standhält.

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