Thailand: Gesetz zu Majestätsbeleidigung ist missbräulicher Maulkorb
4. Oktober 2011
Die Clean Clothes Campaign (CCC) und Reporter ohne Grenzen (ROG) beobachten mit Besorgnis, dass in Thailand zunehmend Menschenrechtsaktivistinnen, Arbeitsrechtler und Journalisten wegen angeblicher Majestätsbeleidigung bedroht oder verklagt werden. Das Gesetz beschneidet das Menschenrecht auf freie Meinungsäusserung. „Der Missbrauch des lèse majesté-Gesetzes um kritische Medien oder Blogger vor Gericht zu bringen, unterwandert die Meinungs- und Pressefreiheit massiv. Diese Praxis bedroht potentiell alle Bürgerinnen Thailands, speziell aber Aktivisten im Internet, die drakonisch bestraft werden können“, so die Schweizer ROG-Präsidentin Thérèse Obrecht Hodler. Und Christa Luginbühl, CCC-Koordinatorin bei der Erklärung von Bern, ergänzt: „In einem Klima der Angst, wo politisch aktive Bürgerinnen eine Klage wegen Majestätsbeleidigung riskieren, wenn sie sich öffentlich exponieren, ist es auch für Gewerkschaften schwierig, ihre vollen Rechte wahrzunehmen.“
Kwanravee Wangudom wird bei ihrem Besuch in Genf den Fall von Somyot Pruksakaemsuk vorbringen, Namensgeber der „Free Somyot-Kampagne“. Trotz mittlerweile weltweiter Proteste mit der Forderung nach Einstellung des Verfahrens und unverzüglicher Freilassung, sitzt der Journalist und Aktivist seit fünf Monaten in Haft. Der Prozess soll ihm im nächsten halben Jahr gemacht werden. Ihm drohen dabei bis zu 12 Jahre Gefängnis. Somyot arbeitete regelmässig mit der Clean Clothes Campaign zusammen. Am 30. April wurde er verhaftet, weil er 2010 in der Zeitschrift 'Voice of Taksin' Artikel mit angeblich majestätsbeleidigendem Inhalt publiziert und vertrieben habe. Zwei Tage zuvor hatte Somyot allerdings auch eine Unterschriftensammlung zur Eliminierung des Strafartikels 112 zur Majestätsbeleidigung gestartet, die der thailändischen Führung ein Dorn im Auge ist.
Schätzungen gehen von über 300 solchen „Majestätsbeleidigungen“ aus seit dem Militärputsch von 2006. Davor gab es jährlich fünf bis sechs Klagen. Mehrere Duzend Fälle sind derzeit hängig. Das Menschenrechtskomitee der UNO hat am 28. Juli 2011 nochmals explizit unterstrichen, dass das Recht auf freie Meinungsäusserung von zentraler Bedeutung für alle Menschenrechte sei und dabei Besorgnis über Gesetze wie demjenigen zur Majestätsbeleidigung geäussert.
CCC und ROG rufen die thailändischen Behörden auf, Somyot Pruksakaemsuk während der Prozessdauer gegen eine Kaution aus der gefährlichen Untersuchungshaft in Provinzgefängnissen zu entlassen und die Klage gegen ihn fallen zu lassen.
Kwanravee Wangudom ist Dozentin am Institut für Menschenrechte und Frieden an der Mahidol Universität in Thailand und Mitglied des “People's Information Center” (PIC), welches das repressive Regierungsvorgehen gegen DemonstrantInnen während der Regierungskrise 2010 untersucht.
Die Clean Clothes Campaign setzt sich für Verbesserungen der Arbeitsbedingungen in der globalen Bekleidungsindustrie ein. Sie unterhält nationale Kampagnen in 15 europäischen Ländern und ein Netzwerk von 250 Organisationen weltweit. In der Schweiz wird die CCC-Arbeit von der Erklärung von Bern koordiniert und von 19 nationalen NGO mitgetragen.