Trafigura: Erstmals Anklage gegen einen Schweizer Rohstoffkonzern wegen Bestechung ausländischer Amtsträger
Zürich, Lausanne, 6. Dezember 2023
Einem ehemaligen angolanischen Amtsträger wird vorgeworfen, zwischen April 2009 und Oktober 2011 von der Trafigura-Gruppe im Zusammenhang mit deren Aktivitäten im Ölsektor in Angola Bestechungsgelder von über 4,3 Millionen Euro und 604'000 US-Dollar angenommen zu haben. Ein ehemaliger Mittelsmann und ein früherer Top-Manager von Trafigura sollen an der Umsetzung dieses Korruptionsschemas beteiligt gewesen sein.
Es handelt sich gleich um drei Premieren: Erstmals muss das Bundesstrafgericht über die strafrechtliche Verantwortung eines Unternehmens für die Bestechung ausländischer Amtsträger urteilen. Ebenfalls zum ersten Mal steht ein Rohstoffhandelsunternehmen vor dem Bundesstrafgericht. Und es ist auch das erste Mal, dass das involvierte Top-Management sich vor Gericht verantworten muss.
Die Bundesanwaltschaft beschuldigt neben dem Konzern nämlich auch dessen ehemaligen Chief Operating Officer und Verwaltungsrat Mike Wainwright der Mittäterschaft. «Herr Wainwright bestreitet die gegen ihn erhobenen Vorwürfe und wird sich vor Gericht verteidigen», bestätigt Trafigura in einer eigenen Medienmitteilung die Anklage.
Es braucht die Rohstoffmarktaufsicht ROHMA
Public Eye hatte erstmals vor über zehn Jahren über «ein komplexes Interessengeflecht aus dubiosen Beteiligungen, Offshore-Firmen und Generälen» in Angola berichtet. Schon damals hatte Public Eye eine Regulierung des Rohstoffsektors und insbesondere eine spezifische Aufsichtsbehörde in Form einer Rohstoffmarktaufsicht ROHMA gefordert. Diese Forderung ist heute aktueller denn je. So wurde in der Herbstsession eine entsprechende Motion angenommen, die ein spezifisches Gesetz für den Rohstoffhandel fordert. Dieses Geschäft ist nun im Ständerat hängig.
Wie das Wirtschaftsmagazin «Bilan» am 13. Oktober 2023 berichtete, ist Trafigura erst kürzlich wieder Suissenégoce, dem Dachverband der Rohstoffhändler, beigetreten. Suissenégoce sagte damals gegenüber «Le Temps», dass sie ein strenges Audit durchführe, bevor sie einen Kandidaten als Mitglied aufnimmt. «In den drei Jahren, in denen ich hier bin, gab es keinen Skandal im Zusammenhang mit einem Mitglied von Suissenégoce», freute sich damals Florence Schurch, die Generalsekretärin des Verbands.
In ihrer Medienmitteilung räumt Trafigura zudem ein, dass in Brasilien und den USA zwei weitere Ermittlungen wegen angeblicher Korruption in Brasilien laufen. Das Unternehmen hofft auf eine baldige Einigung und «wird in seinem Jahresbericht 2023 eine Rückstellung in Höhe von 127 Mio. US-Dollar ausweisen».
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