UPOV: Wenn für den Tausch von Saatgut Gefängnis droht
Bern, 2. Dezember 2022
Als Häftlinge verkleidet, haben heute Aktivist:innen diverser Schweizer Organisationen auf dem Bundesplatz protestiert. Sie stehen sinnbildlich für alle Bäuerinnen und Bauern, welche durch die UPOV-Regeln und das patentähnliche geistige Eigentumsrecht auf Saatgut kriminalisiert werden. Die Aktion ist Teil eines weltweiten Protestes gegen UPOV und die Monopolisierung von Saatgut.
Die Aktivist*innen haben dem Parlament die Forderung übergeben, dass die Schweiz in ihren Handelsabkommen künftig auf eine UPOV-Klausel verzichtet. Nationalrat Nicolas Walder hat die Forderung entgegengenommen und wird mit Nationalrätin Christine Badertscher nächste Woche eine parlamentarische Initiative einreichen: Die inakzeptable Forderung nach UPOV soll aus Freihandelsverträgen gestrichen werden. Die Handelspartner sollen die Freiheit behalten, Saatgutgesetze einzuführen, welche ihren nationalen Verhältnissen und Anforderungen entsprechen, die bäuerlichen Rechte achten und die Ernährungssouveränität unterstützen.
Die jahrhundertalte Praxis von Bäuerinnen und Bauern, das auf den eigenen Feldern erzeugte Saatgut aufzubewahren, zu vermehren, wiederzuverwenden, zu tauschen oder zu verkaufen ist ein Grundpfeiler der Ernährungssouveränität. Sie ist für die Ernährungssicherheit in den Ländern des Südens unabdingbar. Das bäuerliche Saatgutsystem garantiert die Versorgung mit Saatgut und ist zentral für die Erhaltung und Weiterentwicklung der Vielfalt unserer Nutzpflanzen. Deshalb ist das Recht auf dessen freie Verwendung auch in der UNO-Deklaration über die Rechte von Kleinbäuerinnen und Kleinbauern (UNDROP) und im Internationalen Saatgutvertrag der FAO verankert worden.
Genau dieses Recht wird durch die UPOV-Regeln zu einer kriminellen Handlung: Sie verbietet den Tausch und das Weiterverkaufen von geschütztem Saatgut, welches man auf dem eigenen Feld erzeugt hat. Auch die Wiederverwendung ist oft untersagt oder mit Zahlungen verbunden. Ghana, das neueste UPOV-Mitglied, sieht sogar eine Gefängnisstrafe von mindestens 10 Jahren vor. Ein elementares Recht wird zur kriminellen Handlung.
Die Schweiz gemeinsam mit der EFTA verpflichten in den Handelsabkommen die Partnerländer dazu, die UPOV-Regeln umzusetzen. Dies ist im Falle der EFTA-Staaten geradezu zynisch, da Liechtenstein die UPOV-Regeln gar nicht umsetzt. Norwegen setzt sie in einer abgeschwächten Form um, so dass ihre Bäuerinnen und Bauern mehr Freiheiten haben. Selbst die Schweiz hat die Regeln so interpretiert, dass sie dem UPOV-Standard nicht genügen. Die EFTA verlangt von ihren Handelspartnern somit strengere Gesetze, als sie selbst bereit sind umzusetzen. Das nächste Abkommen bei welchem UPOV wieder auf der Liste steht, ist das geplante Freihandelsabkommen mit Thailand, wo sich Zivilgesellschaft und bäuerliche Organisationen vehement gegen die UPOV-Regeln wehren. Es geht darum, ihr Recht auf Saatgut und somit ihr Recht auf Nahrung zu verteidigen.
Die Aktion wurde von Alliance Sud, Fastenaktion, FIAN, HEKS, Public Eye, Swissaid und Uniterre unterstützt.
Die European Free Trade Association (EFTA) hat vier Mitglieder: Schweiz, Norwegen, Island und Liechtenstein
Mehr Informationen:
- Schweizer Koalition Recht auf Saatgut (Deutsch, Französisch)
Kontaktpersonen:
Simon Degelo, Verantwortlicher Saatgut und Biodiversität SWISSAID, Tel: 076 824 00 46, s.degelo@swissaid.ch
Nicolas Walder, Nationalrat Grüne, Tel: 079 550 05 13, nicolas.walder@parl.ch