Vasella an Novartis-GV mit Image-Desaster in Indien konfrontiert
6. März 2007
Nach der Ablehnung des Patentantrags für sein Krebsmedikament Glivec hat Novartis eine Klage gegen die indische Regierung angestrengt, um einen Artikel des indischen Patentgesetzes, der ihrem Geschäftsinteresse entgegen steht, ausser Kraft zu setzen (Hintergrundinfos dazu siehe unten). Die EvB und Oxfam International werden an der heutigen Generalversammlung das Thema direkt an Daniel Vasella herantragen und den Aktionären Faltblätter verteilen, in denen sie dazu aufgerufen werden, im eigenen Interesse alles in ihrer Macht Stehende zu tun, um Novartis zum Rückzug der Klage zu bewegen.
Denn durch den Rechtsstreit in Indien zeigen sich nicht nur Nichtregierungsorganisationen aus aller Welt, sondern zunehmend auch Grossinvestoren beunruhigt. Das in den USA ansässige „Interfaith Center on Corporate Responsibility“ (ICCR) etwa vertritt 275 religiös ausgerichtete institutionelle Anleger und urteilt: “Seine verantwortungsvolle Geschäftspolitik und das gesellschaftliche Engagement unterscheiden Novartis von anderen pharmazeutischen Unternehmen. Doch der Rechtsstreit in Indien untergräbt diese Bemühungen. Novartis’ juristische Winkelzüge treffen nicht nur einige Tausende indischer Patienten, die von Glivec abhängig sind, sondern Millionen Menschen, die nur dank der indischen Generika-Medikamente gegen AIDS überleben können.“
Alex van der Velden von „Fair Pensions“, einer britischen Kampagne für nachhaltige Anlagen, meint: „Novartis gefährdet nicht nur den Zugang zu Heilmitteln, sondern auch seine eigenen zukünftigen Gewinne. Denn in den aufstrebenden Märkten setzt die Firma mit diesem Verhalten ihren guten Ruf aufs Spiel. Und sie zerstört das Vertrauen der Öffentlichkeit in das System des geistigen Eigentums, welches doch die Grundlage für die Gewinne der Pharmaindustrie bildet.“
Der EvB-Pharmaexperte Julien Reinhard wiederum unterstreicht: “Die von Novartis in Indien angestrengte Klage geht weit über den Fall des Krebsmittels Glivec® hinaus, da sie die völkerrechtlich anerkannten Massnahmen zum Schutz der öffentlichen Gesundheit in Frage stellt. Dies hat Auswirkungen in fast allen Entwicklungsländern. Novartis darf die weltweit von vielen Menschen ausgedrückten Bedenken (darunter Alt-Bundesrätin Ruth Dreifuss und der südafrikanische Erzbischof Desmond Tutu) nicht auf die leichte Schulter nehmen.“
Und Céline Charveriat von Oxfam International schliesslich fragt sich: „Wie kann ein Unternehmen, das auf seine gemeinnützigen Anstrengungen in den Entwicklungsländern zu Recht stolz ist, einen Rechtsstreit anstrengen, der den Zugang zu erschwinglichen Medikamenten verunmöglicht? Hat Novartis keine die Lehren aus dem Fall 2001 in Südafrika gezogen? Damals sind Pharmakonzerne gerichtlich gegen die südafrikanische Regierung vorgegangen, weil diese die öffentliche Gesundheit schützen wollte. Zur Erinnerung: Schon damals mussten Novartis & Co klein beigeben.“