Weltmarktfabriken dürfen keine Todesfallen mehr sein
11. April 2006
Trotz Hungerlöhnen riskieren die Menschen in den Weltmarktfabriken, die unsere Kleider nähen, oftmals ihr Leben und ihre Gesundheit. «Blockierte Notausgänge, verschlossene Türen und schmale Treppen bilden für die jungen Frauen und Männer, die Kleider für den europäischen Modemarkt produzieren, eine gefährliche Todesfalle», sagt Amirul Haque Amin vom nationalen Textilgewerkschaftsbund in Bangladesch (National Garment Workers Federation, NGWF).
Beim Einsturz der Spektrum-Fabrik in Savar (Bangladesch) starben 64 Beschäftigte, 70 wurden verletzt und Hunderte von Arbeitslosen suchen nun eine neue Arbeit. Zum Jahrestag dieser Tragödie appellieren Aktionsgruppen und Gewerkschaften weltweit für mehr Arbeitssicherheit. Sowohl die Regierung in Bangladesch als auch die Kunden in Europa, darunter im Schweizer Markt präsente Unternehmen wie Carrefour, Inditex (Zara) oder KarstadtQuelle, hatten es versäumt, die Fabrik angemessen zu überwachen. Um weitere Katastrophen zu verhindern, sollten alle Verantwortlichen gemeinsam und unverzüglich ein glaubwürdiges Aktionsprogramm für mehr Arbeitssicherheit in die Wege leiten. Zudem müssen endlich angemessene Entschädigungszahlen an die Hinterbliebenen, die Verletzten und die Entlassenen überwiesen werden.
«Die Verantwortlichen haben keine Lehren aus der Spektrum-Katastrophe gezogen», sagt Stefan Indermühle von der Erklärung von Bern (EvB), der die Clean Clothes Campaign in der Schweiz koordiniert. Eine schwarze Serie weiterer Tragödien während der letzten zwei Monate verdeutlicht das völlige Versagen von Behörden und Modeindustrie. Insgesamt fünf Unglücksfälle in Bangladeschs Bekleidungssektor - vier Brände und ein Gebäudeeinsturz – forderten in dieser Periode 88 Tote und 300 zum Teil Schwerverletzte. Das letzte Unglück ereignete sich am 21. März in einer Bekleidungsfabrik in Chittagong, wo 44 ArbeiterInnen bei einem noch ungeklärten Brand verletzt wurden.
Um die Sicherheits- und Entschädigungsforderungen zu unterstreichen richtet die EvB einen Appell an die Regierung in Bangladesch und all jene die Firmen, die Kleider aus Bangladesch verkaufen. Bisher haben lediglich KarstadtQuelle, der spanische Multi Inditex und die französische Firme Solo Invest zugesichert, Beiträge in Entschädigungsfonds zu bezahlen. Carrefour hingegen weigert sich bisher. Deshalb steht die französische Supermarktkette mit elf Schweizer Filialen auch im Zentrum der EvB-Kritik. Die Konsumierenden werden entsprechend aufgerufen, einen Protestbrief an Carrefour und an die für die Schweiz zuständige diplomatische Vertretung von Bangladesch zu senden.