WTO bringt Entwicklungsländern De-Industrialisierung und Loch in der Staatskasse
16. Mai 2006
Anders als in Industrieländern spielen Zölle für viele Entwicklungsländer nach wie vor eine vitale Rolle. Einerseits schützen sie junge Industrien vor ausländischer Konkurrenz, andererseits bringen sie einen Grossteil der Steuereinnahmen. Werden Entwicklungsländer durch den Abschluss der so genannten „NAMA-Verhandlungen“ über die Industriegüter gezwungen, ihre Zölle markant abzubauen, würden einheimische Produzierende dem Wettbewerb mit wirtschaftlich stärkeren Ländern ausgesetzt und dadurch ihre Existenz gefährdet. Konkret würden Millionen von Arbeitsplätzen verloren gehen. Zudem erlitten die ohnehin knappen Staatseinnahmen von Entwicklungsländern beträchtliche Ausfälle, was die Mittel für öffentliche Dienstleistungen wie Gesundheits- und Bildungswesen weiter schmälern würden. Diese Tatsache betont selbst der internationale Währungsfonds.
«Ihre eigenen Volkswirtschaften haben die Industriestaaten jahrzehntelang durch hohe Zölle geschützt, bis sie genügend stark waren, um im Wettbewerb mit anderen Ländern bestehen zu können. Dieselben Schutzmöglichkeiten sollen den Entwicklungsländern nun verwehrt werden», sagt Marianne Hochuli von der Erklärung von Bern (EvB). In einer Studie beleuchtet die Erklärung von Bern die gegenwärtigen Verhandlungen zu den Industriegütern und deren absehbare Folgen für Entwicklungsländer. Würde etwa Indien seine Zölle gemäss dem aktuellen Vorschlag senken, entgingen dem Staat Einnahmen von fast 6 Milliarden. Dollar - gleichviel wie Indien für sein Gesundheitswesen ausgibt. Die EvB-Studie zeigt, welche sozialen Konsequenzen sich hinter den abstrakten Zollabbauformeln verbergen.