Zucker in Babynahrung: SECO soll UWG-Klage gegen Nestlé erheben
Zürich, Lausanne, 12. Juni 2024
Die Enthüllungen von Public Eye und dem International Baby Food Action Network (IBFAN) haben medial hohe Wellen geschlagen und Behörden unter anderem in Indien, Nigeria oder Bangladesch zu Folgeuntersuchungen veranlasst. Der Report hatte den Zuckergehalt von Nido (Folgemilch) und Cerelac (Getreidebrei) in Schlüsselmärkten in Afrika, Asien und Lateinamerika untersucht und aufgedeckt, dass Nido-Produkte dort – im Gegensatz zur Schweiz und Nestlés europäischen Schlüsselmärkten – im Durchschnitt fast 2 Gramm und Cerelac-Produkte sogar knapp 4 Gramm zugesetzten Zucker pro Portion enthalten. Zucker im Kleinkindalter legt den Grundstein für viele Folgeerkrankungen wie Diabetes oder Herzkreislauferkrankungen, weshalb die WHO-Richtlinien den süssen Zusatz ausdrücklich untersagen.
Nestlé bewirbt Nido und Cerelac in einkommensärmeren Ländern trotzdem als gesund für Babys und speziell für deren Bedürfnisse entwickelt, unter anderem durch den Einsatz von Gesundheitsfachleuten und Influencer*innen. Hinzu kommt, dass Nestlé die Menge des Zuckerzusatzes in den meisten Ländern nicht offenlegt. Der Internationale Kodex für die Vermarktung von Muttermilchersatzprodukten verbietet jedoch jegliche Werbung für Folgemilch sowie für Säuglingsnahrung mit «einem hohen Zuckergehalt».
Mit der in Art. 10 Abs. 3 des UWG verankerten Klageberechtigung des Bundes hat die Schweiz ein Rechtsinstrument, um unlauteres Wettbewerbsverhalten von Schweizer Unternehmen mit negativen Auswirkungen im Ausland zu unterbinden, wenn dies «zum Schutz des öffentlichen Interesses» erforderlich ist. Der Bund ist gemäss UWG insbesondere dann klageberechtigt, wenn «das Ansehen der Schweiz im Ausland bedroht oder verletzt ist». Durch sein irreführendes und aggressives Marketing und seinen Zucker-Doppelstandard verletzt Nestlé das Wettbewerbsrecht. Das unlautere Verhalten des Konzerns betrifft Hunderttausende von Personen in einkommensärmeren Ländern.
Als Sitzstaat des weltgrössten Nahrungsmittelkonzerns hat die Schweiz eine besondere Verantwortung, die Zucker-Doppelstandards von Nestlé zu untersuchen und gegebenenfalls zu unterbinden. Public Eye und IBFAN haben deshalb heute beim SECO eine umfassend begründete Aufforderung zur Klageerhebung auf Einstellung der aufgezeigten Geschäftspraktiken eingereicht.
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