Anhörung in der Aussenpolitischen Kommission: Die EvB verlangt ein Moratorium
6. April 2009
Die drei Organisationen kritisieren die fehlende Kohärenz der schweizerischen Aussenpolitik, die sich einerseits die Förderung der Menschenrechte auf ihre Fahnen schreibt, andererseits aber im Freihandelsabkommen mit Kolumbien die schwerwiegenden und systematischen Menschenrechtsverletzungen mit keinem Wort erwähnt.
Katastrophale Menschenrechtssituation
Kolumbien ist eines der weltweit gefährlichsten Länder für GewerkschafterInnen und VertreterInnen von zivilgesellschaftlichen Organisationen. Zwischen 2007 und 2008 haben die Morde an GewerkschaftsvertreterInnen wieder zugenommen. Gemäss Amnesty International (AI) hat sich die Menschenrechtssituation in letzter Zeit nicht substantiell verbessert und in gewissen Bereichen gar verschlechtert. Die Krisensituation in dem politisch sehr instabilen Land habe zu schwerwiegenden und systematischen Menschenrechtsverletzungen geführt, kritisiert AI (siehe Fact Sheet).
Kann die Schweiz unter diesen Bedingungen in aller Ruhe ein Freihandelsabkommen mit Kolumbien unterzeichnen? Die Frage stellt sich um so dringlicher als die Respektierung der Menschenrechte eines der fünf Verfassungsziele der schweizerischen Aussenpolitik ist und die Schweiz sich auf internationaler Ebene stark in diesem Bereich engagiert. Ausserdem ist der Bund in Kolumbien auch direkt in Projekte zur Förderung der Menschenrechte und in der humanitären Hilfe involviert.
In den USA ist die Ratifizierung eines Freihandelsabkommen mit Kolumbien angesichts der massiven Menschenrechtsverletzung seit Jahren blockiert. Mit derselben Begründung wurde im März 2009 die Ratifizierung des EFTA-Kolumbien Freihandelabkommens von der norwegischen Regierung verschoben. Der daraus entstandene Druck auf die kolumbianische Regierung hat dazu geführt, dass gewisse Bemühungen in Richtung einer Verbesserung der Menschenrechtssituation unternommen wurden.
Die Schweiz darf nicht abseits stehen
Ein Vorprellen der Schweiz bei der Ratifizierung des EFTA-Kolumbien Abkommens würde das Bestreben der anderen Staaten, die kolumbianische Regierung zu verstärkten Anstrengungen im Bereich der Menschenrechte zu bewegen, unterlaufen. Eine vorschnelle Ratifizierung wäre zudem dem guten Ruf der Schweiz als Verfechterin der Menschenrechte abträglich. Mit einer Ratifizierung zum jetzigen Zeitpunkt würde die Schweiz damit einen doppelten Schaden riskieren: für die Sache der Menschenrechte und für ihren internationalen Ruf.
Die Erklärung von Bern, die Arbeitsgruppe Schweiz-Kolumbien und Alliance Sud fordern vom Parlament:
1. Ein Moratorium bei der Ratifizierung des Freihandelabkommens zwischen der EFTA und Kolumbien bis eine substantielle und nachhaltige Verbesserung der Menschenrechtssituation erreicht ist, insbesondere bezüglich:
- aussergerichtlichen Hinrichtungen und Gewalt gegenüber GewerkschafterInnen,
- Morden und Vertreibungen von Indigenen und Afrokolumbianern,
- Straflosigkeit von Gewaltverbrechen,
- Respektierung der Kernkonventionen der ILO,
- Rückgabe des illegal angeeigneten Landes.
2. Eine vorgängige Bewertung der Auswirkungen des Abkommens auf die Menschenrechtssituation in Kolumbien
Trotz den von der EvB und ihren Partnerorganisationen vorgebrachten Bedenken lehnte die Kommissionsmehrheit einen entsprechenden Rückweisungsantrag ab. Die zynische Argumentation der Kommissionsmehrheit: In der schwierigen wirtschaftlichen Situation sei das Abkommen für die Schweiz ein wichtiger Bestandteil der Konjunkturankurbelung. Die EvB und ihre Partnerorganisationen werden weiter mit aller Vehemenz gegen die Ratifizierung des Freihandelabkommens mit Kolumbien kämpfen, denn Menschenrechte kommen vor Freihandel.