Arbeitskampf in italienischer Zulieferfabrik von Montblanc

Arbeiter*innen aus chinesischen Fabriken im italienischen Prato kämpften erfolgreich für faire Arbeitszeiten. Kurz darauf verlagerte der Schweizer Modekonzern Richemont, der dort Luxus-Ledertaschen fertigen liess, die Produktion. Die Arbeiter*innen verloren ihren Job. Public Eye ist solidarisch mit den Arbeiter*innen und der Gewerkschaft Sudd-Cobas und unterstützt ihre Forderung nach der Wahrung der Gewerkschaftsrechte.

Z Production ist eine Fabrik in Prato bei Florenz, die jahrelang ausschliesslich für Montblanc produzierte. Montblanc ist eine Marke, die wie Schmuck von Cartier, Uhren von Vacheron Constantin oder exklusive Mode von Chloé zum Schweizer Luxuskonzern Richemont gehört. Arbeiter*innen berichten, dass sie bei Z Production jahrelang 12 Stunden am Tag, 6 bis 7 Tage die Woche gearbeitet haben – in den oft chinesisch geführten Sweatshops in Prato und anderswo in Italien keine Seltenheit. Unter der Aufsicht von Montblanc Produktionsmanager*innen hätten sie unter anderem das metallene Montblanc-Logo an die Luxus-Ledertaschen genäht.

Ende 2022 beginnen die Arbeiter*innen, die mehrheitlich einen migrantischen Hintergrund haben, sich gewerkschaftlich zu organisieren. Sie schliessen sich der Bewegung «8x5» an, die sich in Italien einsetzt für die Einhaltung von maximal acht Stunden Arbeit am Tag, fünf Tage die Woche. Februar 2023 ist der Arbeitskampf von Erfolg gekrönt, die Gewerkschaft Sudd-Cobas verhandelt ein Abkommen, das den Arbeiter*innen unter anderem ordentliche Verträge, reguläre Arbeitszeiten von 8 Stunden an 5 Tagen die Woche und ein Recht auf Krankheit und Ferien bringt. Ein Erfolg, über den sich die Arbeiter*innen nur kurz freuen können. Denn mehr Rechte für die Arbeiter*innen bedeuten mehr Kosten für die Fabrik – und damit die Marke Montblanc.

Im März 2023 reduziert der Luxusmodekonzern Richemont gemäss den Arbeiter*innen das Auftragsvolumen beim Zulieferer Z Production stark und fährt es auf den 31.12.2023 komplett herunter. Die Produktion wird eingestellt, die Arbeiter*innen werden entlassen. Sie werfen Montblanc vor, dass aufgrund der gewerkschaftlichen Organisierung, der besseren Arbeitsbedingungen und damit höheren Produktionskosten die Aufträge eingestellt und an andere Fabriken im Grossraum Florenz verlagert worden seien.

Montblanc begründete die Beendigung des Produktionsverhältnisses gegenüber Medien damit, dass der Betrieb den Verhaltenskodex von Richemont für Zulieferer nicht eingehalten habe. Die Frage stellt sich jedoch, weshalb Montblanc die Zusammenarbeit mit der Fabrik im selben Jahr beendet, in dem die Arbeiter*innen sich gewerkschaftlich organisiert und effektiv bessere Arbeitsbedingungen erkämpft haben. Die Arbeiter*innen befürchten, dass die Produktion nun einfach in anderen Betrieben mit Arbeitszeiten von 14 Stunden an sechs bis sieben Tagen die Woche weiterläuft.

Über die unhaltbaren Bedingungen in Prato und in der Toscana, wie die die langen Arbeitszeiten, Schwarzarbeit, irreguläre Verträge, fehlende Sozialversicherungen und unzureichende Löhne, haben die Clean Clothes Campaign und Public Eye bereits mehrfach berichtet. Richemont ist einer der reichsten und einkommensstärksten Luxuskonzerne der Welt und steht in der Verantwortung, ausreichende Sorgfaltsprüfungspflichten wahrzunehmen, gerade wenn sich der Konzern für die Produktion in Regionen entscheidet, die für ihre ausbeuterische Arbeitsbedingungen bekannt sind.

Internationale Solidaritätsaktion

Für Samstag, den 26. Oktober 2024, hatte die Gewerkschaft Sudd-Cobas zu einem internationalen Aktionstag der Solidarität mit den Arbeiter*innen aufgerufen. Sie fordern von Richemont die Beendigung der gewerkschaftsfeindlichen Politik sowie eine Arbeitsplatzgarantie für alle Arbeiter*innen innerhalb der gesamten Lieferkette, auch bei einem Wechsel des Vertrags mit einem Zulieferer. Es fanden Aktionen in über zehn verschiedenen Städten in Italien, der Schweiz und Deutschland statt: Rom, Mailand, Florenz, Bologna, Venedig, Neapel, Bari, Turin, Basel, Zürich, Berlin und weiteren Städten.

Auch in Genf, wo der Modekonzern seinen Hauptsitz hat, gab es eine Aktion vor einer Montblanc-Filiale am Place du Port. Die Aktion wurde unter anderem von der Genfer Gewerkschaft SIT und der CGAS (Communauté genevoise d'action syndicale) organisiert. Public Eye war mit Freiwilligen anwesend und wurde von Elisabeth Schenk vertreten, die das Wort ergriff, um die unmenschlichen Praktiken von Montblanc anzuprangern.