Banken brauchen Menschenrechtsstandards

Die finanziellen Verbindungen von Banken mit Firmen, die Sudan zu Öleinnahmen verhelfen, sind nur ein – allerdings gravierendes – Beispiel dafür, wie Banken in Komplizenschaft mit Menschenrechtsverletzungen geraten können.

Der Rohstoffsektor ist dafür besonders anfällig. Der spezielle Vertreter des Uno-Generalsekretärs für Unternehmen und Menschenrechte, der US-Amerikaner John Ruggie, sagte dazu in seinem Bericht (2006): «Unternehmen (haben) sich selber oder ihre ganze Branche zur Zielscheibe gemacht, indem sie die Menschenrechte, Arbeitsstandards, den Umweltschutz und andere soziale Anliegen ernsthaft verletzt haben.»

Als die Erklärung von Bern im vergangenen Jahr systematisch die finanziellen Verbindungen der Schweizer Grossbanken zu im Rohstoffbereich tätigen Unternehmen untersuchte, förderte die Recherche über 60 Fälle zu Tage, wo Geldinstitute Rohstofffirmen finanzieren, die in Menschenrechtskonflikte mit der betroffenen Bevölkerung verwickelt sind.

Ebenfalls sehr anfällig für solche Verstrickungen sind finanzielle Engagements in China. Die Credit Suisse hält dort eine Kapitalbeteiligung an einer Gesellschaft, die Finanzdienstleistungen für die China Poly Group (Poly) anbietet. Poly hat nach eigenen Angaben eine «führende Rolle im chinesischen Waffenhandel». In Ihrer Antwort an besorgte Kunden und Aktionärinnen sagte die Credit Suisse im Frühjahr, die Waffengeschäfte würden weniger als 10 Prozent zum Umsatz und Gewinn der China Poly Group beitragen. Da es bei Menschenrechtsverletzungen immer auch um Einzelschicksale geht, erscheint ein solch „problemloser Prozentsatz“ höchst zynisch. Die Antwort zeigt zudem, dass Banken nicht erkennen, dass sie auch dann in Komplizenschaft mit Menschenrechtsverletzungen geraten, wenn sie nicht ausschliessen können, dass sie mit ihrem Engagement fragwürdige Aktivitäten mitfinanzieren. Wegen der engen finanziellen, strukturellen und personellen Verflechtung von Petrochina und China National Petroleum Corporation gilt dies auch für den von der UBS organisierten Börsengang in Shanghai.

Dass das Thema Banken und Menschenrechte in den letzten Jahren auf die öffentliche Agenda gerückt ist, ist massgeblich dem von der Erklärung von Bern mit gegründeten NGO-Netzwerk „BankTrack“ zu verdanken. Schon die 2003 von über hundert Nicht-Regierungsorganisationen aus aller Welt unterzeichnete „Collevecchio Declaration“ verlangte von den Finanzinstitutionen sechs konkrete Schritte, um ihre „social license to operate“ zu erhalten. Menschenrechte war eines der zentralen Themen der Deklaration.

BankTrack konnte in diesem Frühjahr seine Position auch in die Diskussionen der Uno zum Thema Unternehmen und Menschenrechte einbringen, als John Ruggie eine Anhörung zum Finanzsektor durchführte. Diese sollte die Rolle klären helfen, die den Banken bei der Verhinderung von Menschenrechtsverletzungen und der Durchsetzung der Menschenrechte zu kommt. BankTrack publizierte zur Anhörung ein Positionspapier mit dem Titel „Human Rights, Banking Risks“ www.evb.ch/p25011847.html), in dem die Banken aufgefordert werden, substantielle, umsetzbare und transparente Menschenrechtsrichtlinien zu entwickeln.Bis heute gibt es mit der löblichen Ausnahme der niederländischen Rabobank bei verschiedenen Banken, z.B. der UBS, lediglich erste Ansätze, nämlich unverbindliche und wage Absichtserklärungen.Die Forderungen aus dem BankTrack Positionspapier sind deshalb weiterhin gültig.

Banken sollen:

  • Ihre Menschenrechtsrisiken (Regionen, Kunden, kritische Geschäftsfelder) identifizieren.Kategorische Ausschlusskriterien formulieren.
  • Detaillierte Abläufe für die Identifizierung von Menschenrechtsrisiken („due diligence“) entwickeln.
  • Ein Vorgehen festlegen, wie Problemkunden angegangen werden können.
  • MenschenrechtsexpertInnen und spezialisierte Nicht-Regierungsorganisationen konsultieren.
  • Eine Menschenrechtsrichtlinie („policy“) mit eindeutigen Standards und Abläufen publizieren.
  • Ein umfassendes und transparentes Managementsystem für die Anwendung dieser Richtlinien einrichten und umsetzen.

Die Finanzierung von Ölgeschäften, welche den Völkermord in Darfur anheizen, zeigt, das die Schweizer Banken rasch die nötigen Schritte unternehmen müssen, damit sie nicht weiterhin in Komplizenschaft mit Menschenrechtsverletzungen geraten und so ihre in anderen Bereichen erworbene Glaubwürdigkeit wieder aufs Spiel setzen.

Referat von Andreas Missbach, Erklärung von Bern, Fachbereich Banken und Finanzplatz an der Medienkonferenz «Völkermord in Darfur - Keine Geschäfte mit dem Tod», Zürich, 29.10.2007.