Credit Suisse, UBS und der Palmöl-Boom in Indonesien
3. Juli 2009
Golden Agri-Resources (GAR) ist der grösste börsenkotierte Palmölkonzern der Welt und produziert gegenwärtig 10 Prozent des indonesischen Palmöls. GAR hat Pläne zur Erschliessung von 1,3 Millionen Hektaren in den waldreichen Provinzen Kalimantan und Papua bekannt gegeben. Eine interne Präsentation, die Greenpeace vorliegt, zeigt allerdings, dass GAR alleine in Papua mehr als das doppelte dieser Fläche (2,8 Mio. ha) mit Palmöl-Monokulturen bepflanzen will.
Die von der Credit Suisse und der UBS organisierte Platzierung von neuen Aktien und Optionscheinen bei bestehenden Aktionären bringt GAR, falls erfolgreich sofort 230 Millionen Franken und in drei Jahren bis zu 280 Millionen Franken ein (der Prospekt zur Plazierung findet sich hier). Im Unterschied zu anderen internationalen Banken publizieren weder Credit Suisse noch UBS ihre Standards zur Prüfung ihrer Aktivitäten auf Auswirkungen für Menschen und Umwelt. Hochrisiko-Firmen wie indonesische Palmöl-Giganten sollten eine seriöse Prüfung nicht bestehen dürfen.
Golden Agri-Resources und die Sinar Mas Gruppe
49 Prozent des Aktienkapitals von Golden Agri-Resources wird von der Widjaja-Familie gehalten. Der Patriarch Eka Tjipta Widjaja gilt als der zweitreichste Tycoon Indonesiens und er war eng mit dem früheren Diktator Suharto verbandelt. Die Widjaja-Familie kontrolliert auch die Sinar Mas Gruppe. Golden Agri-Resources ist die Holding Company der Palmöl-Aktivitäten der Sinar Mas Gruppe. Zur Sinar Mas Gruppe gehört zudem auch Asia Pulp and Paper (APP), ein Zellstoffkonzern der ebenfalls für grossflächige Waldzerstörungen verantwortlich ist. Die Credit Suisse war vor dem Bankrott von 2001 die wichtigste Kapitalgeberin von APP. Der Konzern wurde seither restrukturiert und ist wieder im Geschäft.
Die Zerstörung der indonesischen Regenwälder
Der grösste Teil der Tieflandregenwälder von Kalimantan und Sumatra wurde bereits zerstört. In den letzten 50 Jahren wurden in Indonesien etwa 74 Millionen Hektar Regenwald gerodet, degradiert oder abgebrannt. Allein für Ölpalmen wurden bereits 7 Millionen Hektar Regenwald und Torfmoore geopfert. Weitere Millionen Hektar wurden bereits für zukünftig geplante Erweiterungen von Ölpalmplantagen gerodet und niedergebrannt. Die indonesische Regierung will bis 2025 die mit Ölpalmen bepflanzte Fläche um 20 Millionen Hektaren vergrössern. Das entspricht der Fläche von Grossbritannien, den Niederlanden und der Schweiz zusammen. Die treibende Kraft hinter dem zerstörerischen Vormarsch der Ölpalme ist der weltweite Boom der Agrotreibstoffe. Hält die derzeitige Entwicklung an, werden in den kommenden Jahren auch die verbliebenen Waldflächen zerstört werden.
Landraub und Menschenrechtsverletzungen
Die Torfmoor- und Regenwaldgebiete sind die traditionellen Siedlungsgebiete von Kleinbauern und indigenen Völkern wie den Dayak. Durch die Zerstörung dieser Gebiete werden die Menschen ihrer Lebensgrundlagen beraubt. Schon jetzt gibt es Tausende von Landkonflikten, weil industrielle Palmölplantagen auf dem Land dörflicher Gemeinschaften angelegt worden sind.
Ein typischer Konflikt betrifft das Dorf Karang Mendapo. Im September 2008, kurz nachdem der Umweltschützer Muhammad Rusdi zum Bürgermeister gewählt worden war, besetzten Bauern und Bäuerinnen des Dorfes, etwa 450 Personen, die Ölpalmplantage Kresna Duta Agroindo (KDA) der Golden Agri-Resources. Sie ernteten innerhalb von zwei Tagen 45 Tonnen Ölpalmfrüchte ab. Mit der Ernteaktion wollte das Dorf gegen die ungesetzliche Landnahme und gegen unerfüllte Versprechungen von Seiten des Unternehmens protestieren. Rusdi wurde daraufhin verhaftet, sein Prozess findet am 11. Juli 2009 statt. Die Verhaftung von Rusdi ist der Versuch, den Protest der Bauern in Karang Mendapo zum Schweigen zu bringen. Rusdi ist ein Vorbild für Hunderttausende von Kleinbauern und Indigenen in Indonesien, die von der Palmölindustrie ihres angestammten Lands beraubt wurden. Schilderung von Muhammad Rusdi zu dem Vormarsch der Palmölplantagen.
Ein anderes Beispiel betrifft eine Gemeinschaft von indigenen Dayak in West Kalimantan. Auf der Landkarte mit den Konzessionen im Besitz von GAR auf so genannt unproduktivem Land fehlen sieben Dörfer. «Heisst das,» fragt Icin, einer der betroffenen Dayak, «dass wir für die Welt da draussen nicht mehr existieren?»
(Quelle: watch indonesia, Agrofuels & Marginal Myth, S.4)
Biodiversitätsverlust
Die Regen- und Torfmoorwälder Indonesiens sind sehr artenreich und Lebensraum zahlreicher vom Aussterben bedrohter Tier- und Pflanzenarten wie Orang-Utan-Menschenaffen, Sumatra-Tiger und Borneo-Nashorn. Die Zerstörung der natürlichen Habitate beraubt die Tierarten ihrer Lebens- und Ernährungsgrundlagen. Wildtiere, die auf Palmölplantagen angetroffen werden, werden von dort gezielt vertrieben oder getötet. Nach Angaben des Centre for Orangutan Protection (COP) wurden allein 2006 mindestens 1.500 Orang-Utans von den Arbeitern von Palmölplantagen erschlagen. In Kalimantan besitzt GAR/Sinar Mas 5 Konzessionen im bedrohten Lebensraum der Oran Utans. Siehe dazu den Bericht von Greenpeace.
GAR besitzt ausserdem 7 Konzessionen, die noch wenig erschlossen sind, in direkter Nachbarschaft des Danau Sentarum Nationalparks in West Kalimantan. Teilweise grenzen die Konzessionen direkt an den Nationalpark. Im Oktober 2008 dokumentierte Greenpeace neu Rodungen in den Konzessionen von GAR. Die Nationalparkleitung und die lokale Bevölkerung befürchten eine Gefährdung der Wasserqualität und der Fischbestände im Nationalpark.
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Torfmoorwälder und Klimaerwärmung
In Indonesien und Malaysia gibt es in den küstennahen Tieflandgebieten 28 Millionen Hektar, in Indonesien allein 22,5 Millionen Hektar, ursprünglich bewaldete Torfmoore, wovon etwa die Hälfte bereits entwaldet und entwässert sind. Die bis zu 12 Meter dicken Torfschichten speichern mit 37,8 Milliarden Tonnen eine gigantische Kohlenstoffmenge.
Werden die Regenwälder gerodet und die Torfmoorgebiete zur Anlage von Ölpalmplantagen entwässert, dann oxidiert der Kohlenstoff im Torf und entweicht als klimaschädliches Kohlendioxid (CO2) in die Atmosphäre. Die ausgetrockneten Torfmoore sind zudem besonders anfällig für Schwelbrände, die zum Teil jahrelang in den Torfschichten brennen und kaum zu löschen sind. In den vergangenen Jahren hat der Rauch von Tausenden von Wald- und Schwelbränden zu enormen Gesundheitsbelastungen in den betroffenen Gebieten geführt.
Greenpeace schätzt, dass die Anlage von Plantagen des Sinar Mas Konzerns für Zellstoff (APP) und Palmöl (GAR) alleine in der Provinz Riau soviel Treibhausgase freisetzt wie Belgien.
Trotz rundem Tisch kein nachhaltiges Palmöl aus Indonesien
Die GAR-Tochtergesellschaft PT Sinar Mas Agro Resources and Technology (PT Smart) ist Mitglied des runden Tischs für Nachhaltiges Palmöl (Roundtable for Sustainable Palmoil, RSPO). Bisher ist jedoch keine der Palmölplantagen des Konzerns zertifiziert.
Die RSPO Kriterien schliessen die Rodung von Regenwald nicht aus. Dies schliesst die Rodung von Regenwald aber nicht aus. Nur Primärwälder und sogenannte Besonders Schützenswerte Gebiete (High Conservation Value, HCV) dürfen unter dem Siegel der RSPO seit November 2005 nicht für Palmölplantagen gerodet werden. Doch eine international anerkannte Definition, was unter einem solchen HCV-Gebiet zu verstehen ist, gibt es nicht, und auch die Übergänge zwischen Primär- und Sekundärregenwald sind in der Praxis fliessend.
Die Vereinigung der indonesischen Palmölproduzenten (GAPKI), die einen Großteil der Mitglieder des indonesischen Roundtable for Sustainable Palmoil stellt, protestierte vehement gegen ein nationales Moratorium, das die Umwandlung von Wäldern und Torfflächen in Plantagen ganz verbieten würde.
Nach den indonesischen Gesetzen dürften nur ökologisch degradierte Flächen und so genannter Konversionswald in Agrarflächen umgewandelt werden. Allerdings obliegt die Genehmigung von Plantagen seit 2007 den Provinzregierungen, die nicht selten nach der Interessenlage möglicher Investoren handeln. Die nötige Zustimmung des Forstministeriums bildet meist kein Hindernis.
So werden immer wieder auch Trockengebiete oder Savannen als degradiert eingestuft, die einen ökologischen Wert haben und die Lebensgrundlage von Kleinbauernfamilien, Hirten und Nomaden sind. Oder Produktionswald, in dem eigentlich nur begrenzter Holzeinschlag erlaubt ist, wird zum Konversionswald erklärt, der in Agrarflächen umgewandelt werden darf. Auf diese Weise entstehen manche Palmölplantagen ganz legal auf ehemaligen Waldflächen oder ökologisch wertvollen Gebieten mit hoher Biodiversität.
Nachhaltiger Anbau wäre möglich
«Grundsätzlich ist ein nachhaltiger Anbau von Palmöl möglich – wenn dafür nicht noch mehr Wald zerstört wird», sagt Bustar Maitar von Greenpeace Indonesien. «Die Produktion muss sich auf bereits vorhandene Plantagen konzentrieren und dort ökologisch und sozial verträgliche Arbeitsbedingungen schaffen. Sobald dafür allerdings erneut Bäume gefällt werden, ist ein Zertifikat unglaubwürdig.» Ökologisch intelligente Intensivierung bestehender Plantagen also wäre nachhaltig. Die Schweizer Grossbanken Credit Suisse und UBS finanzieren stattdessen eine Firma, die auf die massive Flächenexpansion setzt.