Das grosse Geschäft mit dem Flaschenwasser
14. Juli 2003
Mit Pure Life hat Nestlé 1998 in Pakistan und 1999 in Brasilien ein gereinigtes Wasser mit Mineralzusätzen auf den Markt gebracht mit der Behauptung, es steigere das Wohlbefinden. In den armen Ländern Asiens, Lateinamerikas und Afrikas konnte sich zuvor nur eine kleine Oberschicht importiertes Mineralwasser leisten.
Kein Wasser für die Ärmsten
Die grossen Flaschenwasserhersteller wollen nun aber auch die arme Bevölkerung als Kundschaft gewinnen. Sie profitieren davon, dass es viele Staaten nicht erreichen, einwandfreies Trinkwasser durch eine öffentliche Wasserversorgung bereit zu stellen und haben für diesen Massenmarkt ein spezielles Tafelwasser entwickelt. Nach westlichen Massstäben billig, ist jedoch auch dieses Wasser für die Menschen in armen Ländern ein kaum bezahlbarer Luxus. Ausserdem besteht die Gefahr, dass Regierungen durch das Vorhandensein dieses Tafelwassers noch weniger bereit sind, in die lokale Wasserversorgung zu investieren.
Schädigung der Umwelt
Die Wasserindustrie verbraucht nach Berechnung des WWF jährlich 1,5 Millionen Tonnen Kunststoff. Bei dessen Herstellung und Entsorgung gelangen giftige Chemikalien in die Umwelt. Und auf der unermüdlichen Suche der Wasserabfüller nach sauberem Wasser werden die Wasservorräte rücksichtslos ausgebeutet. So ist zum Beispiel Nestlé seit der Übernahme der Perriergruppe 1994 zur Besitzerin der Quellen im Parc d’Eau von São Lourenço (Brasilien) geworden. In den folgenden Jahren hat Nestlé zwei Brunnen von über 150 m Tiefe gebohrt, um täglich 60 000 Liter qualitativ hochstehendes, mineralhaltiges Wasser fördern zu können. Durch diese Überbeanspruchung verlor das Wasser seinen spezifischen Geschmack, eine der Quellen versiegte sogar ganz.
Wasser: ein Gemeinschaftsgut oder eine private Ware?
Obwohl Wasser ein Gemeinschaftsgut ist, wird es in der Regel auf der Rechtsgrundlage des Privateigentums genutzt, so dass die Wasserunternehmen keinerlei Gebühren entrichten. Anders als in der Öl- und Holzindustrie, die entsprechend der Fördermenge oder dem Einschlag Abgaben an den Staat entrichten, dürfen die Abfüller z.B. in Kanada Wasser umsonst entnehmen. Auch in den USA füllt Nestlé am Lake Michigan jährlich eine Milliarde Liter Seewasser ab und verkauft es als «Ice Mountain Water». Für dieses Recht bezahlte die Firma eine einmalige Lizenzgebühr von 75 Dollar. Es stellt sich die grundlegende Frage, ob die Ressource Wasser als Privateigentum gehandelt werden kann. Nestlé argumentiert, in Flaschen abgefülltes Wasser sei ein Produkt und keine Ressource mehr. Mitte Juli soll der zuständige Richter diesbezüglich eine Klage der BürgerInnenbewegung «Michigan Citizen for Water Conservation» gegen Nestlé entscheiden.