Die „Equator Principles“: Zwischen Imagepolitur und Unternehmensverantwortung
24. Januar 2004
TeilnehmerInnen
- Andreas Missbach, Erklärung von Bern, Schweiz
- Michelle Chan-Fishel, Friends of the Earth USA
- Andrea Baranes, Campagna per la Riforma della Banca Mondiale, Italien
- Moderation: Johan Frijns, Koordinator, BankTrack Netzwerk, Niederlande
Johan Frijns gab eine kurze Einführung in die Equator Principles. Im Juni 2003 reagierte eine Gruppe von Grossbanken, darunter die Credit Suisse, auf den jahrelangen Druck von Nicht-Regierungsorganisationen, in dem sie die sogenannten «Equator Principles» unterzeichneten. Damit verpflichteten sie sich, die Umwelt- und Sozialrichtlinien der Weltbank-Gruppe einzuhalten. NGO's begrüssen diesen ersten Schritt in Richtung einer sozial- und ökologisch verträglichen Investitionspolitik der Grossbanken. Allerdings haben gerade dieser Tage eine Reihe von Equator-Banken beschlossen, die hoch umstrittene Pipeline von Baku in Aserbaidschan nach Ceyhan in der Türkei zu finanzieren. Führen die «Equator Principles» zu wirklichen Veränderungen? Ziehen sie eine klare Grenze zwischen, zerstörerischen Investitionsprojekten und sozial- und umweltverträglichen?
Johan Frijns, stellte das neugegründete Netzwerk BankTrack vor, dessen Arbeit er koordiniert. Bereits am vergangenen Jahr hatte Focus on Finance, die losere Vorläufer-Organisation von BankTrack, am Public Eye die Collevecchio-Deklaration vorgestellt. Die Deklaration zeigt die Rolle der Banken bei der Finanzierung von Grossprojekten auf und betont, wie die Finanzinstitutionen die Schuldenkrise der Entwicklungsländer verschärfen. Sie kritisiert Grossbanken und Investoren, weil sie Firmen unter Druck setzen, ihre Gewinne über die Menschen zu stellen und internationale Wirtschaftsabkommen, unterstützen, welche Armut und Einkommenskonzentration fördern.
Andreas Missbach von der Erklärung von Bern, einer der Mitbegründer von BankTrack, betonte das Potential der Equator Principles, auch wenn überhaupt noch nicht klar sei, wie sie von den Banken umgesetzt würden. Die Equator Principles haben keinen Mechanismus, um ihre Einhaltung zu überwachen und Sanktionen gegen Verfehlungen auszusprechen. Dieser Schwachpunkt von freiwilliger Selbstregulierung ist auch in anderen Diskussionen am Public Eye aufgekommen. Zu den weiteren Schwachpunkten der Equator Principles gehöre ihr begrenzte Gültigkeit, nur Projektfinanzierung in einem sehr eng definierten Sinn (direct lending), fallen unter die Equator Principles.
Dringender Reformbedarf besteht auch bei den Banken selbst. Die Mitarbeiter im Investmentbanking verdienen den grössten Teil ihres Einkommens mit erfolgsabhängigen Bonus-Zahlungen. Würde ein Projekt abgelehnt, weil es die Umwelt zerstört oder sozial untertragbar ist, dann hiesse das kein Bonus für die beteiligten Mitarbeiter. Ihre Motivation in diesem Fall, die Sozial- und Umweltverträglichkeitsprüfung besonders ernst zu nehmen, kann man sich ausdenken.
Andrea Baranes führte aus, dass die Equator Principles die Unterzeichnerbanken nicht davon abgehalten haben, die geplante Pipeline von Baku in Aserbaidschan nach Ceyhan in der Türkei zu finanzieren. Die Pipeline geht durch Konfliktgebiete mit grossen Menschenrechtsverletzungen, widerspricht dem Völkerrecht, durchquert Naturreservate und so weiter. Nicht Regierungsorganisationen (NGO’s) haben dargelegt, dass dieses Projekt die Equator Principles in mehr als 120 verschiedenen Punkten verletzt. Entweder nähmen sie die Prinzipien nicht ernst, oder die Prinzipien selbst seien untauglich, wenn sie ein solches Projekt nicht verhinderten. Andererseits zeigte die Tatsache, dass es die Equator Principles überhaupt gebe, dass der Druck von NGOs etwas ändern könne.
Michelle Chan bestätigte dies mit dem Beispiel von Citigroup, der weltweit grössten Bank, die sich unter dem Druck von Rainforest Action Network über die Equator Principles hinaus bewegt hat. Citigroup verspricht, in Zukunft sogenannte No-Go-Zones zu akzeptieren, also gewisse Gebiete oder Aktivitäten als Tabuzonen nicht anzurühren. Konkret wird Citigroup keine Firmen mehr finanzieren, die Regenwälder abholzen. Solche und weitere Schritte seien nötig, denn der Finanzsektor sei das Schmiermittel der Globalisierung. Die Finanzwirtschaft liegt hinter anderen Industriezweigen zurück, wenn es darum geht, soziale und ökologische Verantwortung zu Übernehmen. Die Konsumentinnen könnten mehr Druck auf Banken machen, denn schliesslich arbeiteten die Banken ja mit ihrem Geld.