Die Gefahren der Mega-Deals TPP, TTIP und TiSA
27. Oktober 2015
Seit Jahren bemühen sich vor allem die USA darum, «mega-regionale Handelsabkommen» mit ganzen Gruppen von Ländern abzuschliessen: Anfang Oktober 2015 haben sie sich mit elf weiteren Pazifik-Anrainern auf das Freihandelsabkommen TPP (Trans-Pacific Partnership) geeinigt.
Das transatlantische TTIP (Trans-Atlantic Trade and Investment Partnership) soll dereinst die USA und die EU verbinden, zudem wird von den USA, der EU, der Schweiz und 20 weiteren Staaten das Abkommen zum Handel mit Dienstleistungen TiSA (Trade in Services Agreement) verhandelt. Kern dieser «Partnerschaften» sind liberalere Bestimmungen z.B. beim Zollabbau, bei den Privatisierungen oder beim öffentlichen Beschaffungswesen. Besser geschützt werden sollen der Marktzugang für ausländische Unternehmen, Direktinvestitionen und das geistige Eigentum (Patente, Marken, Daten etc.). Gemeinsam ist den drei Abkommen, dass sie unter Ausschluss der Öffentlichkeit, aber unter aktiver Beteiligung der KonzernlobbyistInnen ausgehandelt werden, und dass für den Fall ihrer Realisierung Wirtschaftswachstum und Arbeitsplätze in Aussicht gestellt werden. Nur: Diese Versprechen basieren auf zweifelhaften ökonomischen Annahmen.
Was sind die problematischsten Punkte?
• Die Industrieländer sind bei allen Verhandlungen in der Mehrheit, die USA oder die EU dominieren die Gremien. Nur ausgewählte kooperative Länder dürfen mitmachen, die Möglichkeit einer Blockade durch eine Koalition von Entwicklungs- und Schwellenländer besteht also nicht. Gleichzeitig werden mit diesen Abkommen faktisch die zukünftigen weltwirtschaftlichen Regeln verhandelt, was offensichtlich auch für alle (noch) nicht beteiligten Entwicklungs- und Schwellenländer von grösster Bedeutung ist.
• Die Mega-Abkommen benachteiligen Nicht-Mitglieder, vor allem durch Umlenkungseffekte (Trade Diversion). So fürchten z.B. afrikanische Länder Einbussen bei der Ausfuhr von Kleidern in die USA, wenn die vietnamesische Textilindustrie dank TPP von Zöllen befreit wird. Auch im Fall TTIP werden negative Effekte für lateinamerikanische und afrikanische Länder prognostiziert.
• Die Abkommen stärken die Position internationaler Unternehmen und schränken die Möglichkeiten für staatliche Regulierungen in Entwicklungsländern massiv ein. Mit TPP werden ausländische Unternehmen nicht nur einen verbesserten Marktzugang erhalten, sondern auch mehr Möglichkeiten, um vor privaten Schiedsgerichten gegen staatliche Regulierungen vorzugehen. Der erweiterte Schutz von geistigem Eigentum im Interesse amerikanischer und japanischer Pharma-Konzerne etwa bedeutet teurere Medikamente in Entwicklungsländern, weil mehr und längere Patente erteilt werden müssen – auch für überlebenswichtige HIV- und Krebsmedikamente. TPP-Bestimmungen werden auch Sortenschutzrechte verankern und somit den freien Nachbau und Austausch von Saatgut durch Bauern einschränken. Die Patentierung von Pflanzen und Tieren wird weiter gestärkt werden. Positiv zu vermerken ist das «Labour Chapter» in TPP. Zumindest dann, wenn es tatsächlich umgesetzt wird und dann auch wirklich griffige Bestimmungen zur Verbesserungen der Arbeitsrechten enthält, vor allem im Hinblick auf die Beendigung von Kinder- und Zwangsarbeit und die Durchsetzung von Gewerkschaftsfreiheit in den beteiligten südostasiatischen Ländern.
• TiSA sieht den radikalen Abbau sogenannter «Marktzutrittsbarrieren» im Dienstleistungssektor vor, also eine Deregulierung öffentlicher Dienstleistungen zur Gesundheits-, Wasser- und Energieversorgung, des Bildungssystems und des Finanzsektors. Staatliche Energie- und Wasserunternehmen beispielsweise sollen privatisiert und eine Rekommunalisierung definitiv ausgeschlossen werden. Die bisherigen Erfahrungen mit Privatisierungen sind vor allem für die ärmeren Bevölkerungsteile in Entwicklungsländern nicht positiv: Während sich die Versorgung nicht durchgängig verbesserte, explodierten die Preise, und viele konnten sich Wasser und Strom nicht oder kaum mehr leisten. Auch TiSA bringt einen Bedeutungsverlust politischer Demokratie mit sich: Die Regulierungsfähigkeit des Staates bei der Versorgung der Bevölkerung wird abgebaut und diese wird dem globalisierten und deregulierten Markt geöffnet.
Bei allen drei Mega-Deals geht es um eine möglichst unumkehrbare Vergrösserung der Möglichkeiten von multinationalen Konzernen und um eine Ausdehnung des Bereiches privatwirtschaftlich verwertbaren Eigentums auf Kosten des Gemeineigentums, öffentlicher Dienste und staatlicher Regulierungen. Die Folge wäre ein Demokratieabbau und eine Verschlechterung der Lebenschancen des ärmsten Bevölkerungsteils.
Zu allen drei Abkommen gibt es breite NGO-Widerstandskoalitionen. Die EvB wird die Verhandlungen weiter verfolgen, sich im Rahmen ihrer Netzwerke an diesen Koalitionen beteiligen und ein darüber hinaus gehendes Engagement regelmässig prüfen.