EvB antwortet in der Basellandschaftlichen Zeitung auf die Behauptungen Syngentas zu Paraquat

Erschienen in der Basellandschaftlichen Zeitung vom 7. November 2006

Mein Standpunkt
François Meienberg

Vor einigen Tagen hat an dieser Stelle Lewis Smith von Syngenta die Produktion des umstrittenen Pestizids Paraquat verteidigt und die alarmierenden Zahlen der Erklärung von Bern in Frage gestellt. Es freut uns, dass wir Ihnen nun den anderen – unseren – Standpunkt darlegen können.

Unsere Hauptkritik, dass Syngenta wissentlich ihr Produkt Paraquat auch in Länder verkauft, in denen es bekanntlich nicht sachgemäss angewendet werden kann, wurde von Herr Smith nicht bestritten. Für den aufmerksamen Beobachter stellt sich deshalb insbesondere eine Frage:

Macht sich Syngenta durch ihr Verhalten mitschuldig an den Zehntausenden von Vergiftungsfällen durch Paraquat pro Jahr?
Zahlen der Weltgesundheitsorganisation zeigen auf, dass. z.B. in Costa Rica Paraquat das Produkt ist, welches unter allen Pestiziden zu den meisten Vergiftungs- und Todesfällen führt – sei dies bei der Arbeit, durch Unfälle oder Suizide. Ein Grund für die Vergiftungen während der Arbeit ist der ungenügende Schutz der Anwender. In vielen Ländern ist dieser Schutz noch schlechter als in Costa Rica. Eine Untersuchung aus Vietnam zeigt, dass nur 11% der Paraquat-Benutzer Schuhe oder Stiefel tragen, bloss 15% Handschuhe und dass 56% der Spritzgeräte undicht sind. Logisch dass solche Anwender einem grossen Vergiftungsrisiko ausgesetzt sind.

Auch nach 40 Jahren Schulungsprogrammen für den sachgemässen Umgang mit Pestiziden konnten Syngenta und ihre Vorläuferfirmen diese unhaltbaren Zustände nicht aus der Welt schaffen. Dies ist faktisch auch kaum möglich , denn der ungenügende Schutz ist oft auf nackte Armut oder klimatische Bedingungen zurückzuführen. Die Frage ist nun, wie sich ein Weltkonzern angesichts dieser Realität verhalten soll: Versucht man weiterhin, unterstützt von massiver Werbung, eines der giftigsten Herbizide in Entwicklungsländer abzusetzen (und nimmt Vergiftungen somit bewusst in Kauf)? Oder folgt man dem Kodex der UN-Organisation für Ernährung und Landwirtschaft, der vorschreibt, dass die Verwendung von Pestiziden, deren Handhabung unbequeme, teure oder nicht-erhältliche Schutzkleidung verlangt, insbesondere bei Kleinbauern in tropischen Ländern vermieden werden soll?

Syngenta hat sich gegen den Kodex und für zusätzlichen Umsatz entschieden und vertritt diesen Entscheid mit folgenden Argumenten:

  • „Wir führen Schulungsprogramme durch.“ Entscheidend ist nicht, ob Programme durchgeführt werden, sondern ob die Bauern sich adäquat schützen können. Wichtig ist nicht der Output sondern der Impact – und da sieht die Bilanz schlecht aus. Kommt hinzu, dass Schulungen tatsächlich nur in weniger als 50% der Verkaufsländer stattfinden.
  • „Mit Paraquat kann das Jäten von Hand vermieden werden.“ Diese Aussage ist etwa so stichhaltig wie wenn man behauptet, ohne VW Golf müssten wir alle zu Fuss gehen. Sie verschweigt nämlich, dass es unzählige Alternativen gibt. Seien dies sparsamere Autos (d.h. weniger giftige Herbizide) oder alternative Verkehrsmittel (d.h. biologische Unkrautkontrolle wie Fruchtwechsel oder Bodendecker).
  • <mit>„Paraquat leistet einen wichtigen Beitrag für eine nachhaltige Landwirtschaft.“ Eine waghalsige Behauptung, wenn man bedenkt, dass sämtliche Labels für eine nachhaltige Landwirtschaft, so zum Beispiel auch die Kriterien für die Integrierte Produktion, Paraquat verbieten. </mit>

<mit>Fazit: Syngenta gewichtet ihren Profit höher als die Sicherheit der Anwender. Dagegen protestieren wir und appellieren an die Zivilgesellschaft, uns auf www.paraquat.ch dabei zu unterstützen.</mit>
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François Meienberg leitet den Fachbereich Ernährung und Landwirtschaft bei der Erklärung von Bern www.evb.ch )</mit>