Freihandelsabkommen EFTA – Thailand: Auswirkungen auf den Zugang zu Medikamenten in Thailand
6. Juni 2006
HIV/Aids hat in Thailand epidemische Ausmasse angenommen, bereits 250’000 Menschen sind seit Ausbruch der Krankheit an ihr gestorben. Heutzutage leben rund 700'000 Menschen mit dem HIV-Virus im Land. Um der Epidemie Herr zu werden, hat Thailand vorbildliche, energische Massnahmen ergriffen. Es wurden Programme zur Prävention, gegen die Übermittlung des Virus von der Mutter auf das Kind und für die Behandlung der Kranken eingerichtet (von den 120'000 Betroffenen werden heutzutage rund 80'000 behandelt).
Die Verstärkung des Schutzes des geistigen Eigentums, insbesondere durch die Freihandelsabkommen, könnte die Möglichkeiten der thailändischen Regierung die nötigen Massnahmen zur Eindämmung der Epidemie zu ergreifen, stark einschränken. Das nationale Behandlungsprogramm beruht nämlich auf der Herstellung von GPO-vir im Land selbst. Dieses Medikament ist in einem bestimmten Verhältnis aus drei antiretroviralen Wirkstoffen, die als Erstbehandlungsmittel dienen, zusammengesetzt. GPO-vir kostet nur ein Zehntel der Markenprodukte. Die lokale Herstellung ist nur möglich, weil keiner der drei Wirkstoffe in Thailand patentiert ist. Die Zweit- oder Drittbehandlungsmittel hingegen stehen unter Patentschutz und es wird befürchtet, dass ihre Anschaffung die verfügbaren Finanzmittel der Regierung bei weitem übersteigen.
Thailand hat das TRIPS-Abkommen (Abkommen über die handelsbezogenen Aspekte der Rechte am geistigen Eigentum) der WTO ratifiziert. Falls das Freihandelsabkommen mit der EFTA den Schutz des geistigen Eigentums noch über die Anforderungen des TRIPS-Abkommens hinaus verstärkt, würde das nicht nur einen Präzedenzfall für die anderen Verhandlungspartner Thailands schaffen, sondern auch direkt die Fähigkeit des Lands bedrohen, seine Bedürfnisse im Bereich der öffentlichen Gesundheit abzudecken. Die thailändischen NRO haben daher eine „FTA watch“-Koalition gebildet, um die Verhandlungen zu beobachten und negative Auswirkungen auf die öffentliche Gesundheit zu verhindern.
Forderungen:
- Der Schutz des geistigen Eigentums darf den Gesundheitsschutz nicht gefährden. Jedes zukünftige Abkommen muss das Recht auf Gesundheit und den Zugang zu den wesentlichen Medikamenten einhalten. Dies hat auch der Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen für das Recht auf Gesundheit den EFTA-Ländern und Thailand in einer Mitteilung im Oktober 2005 in Erinnerung gerufen.
- Da Thailand bereits jetzt in seinem Gesetz die internationalen, im TRIPS-Abkommen der WTO festgelegten, Normen einhält, sollte das Freihandelsabkommen zwischen Thailand und der EFTA keine TRIPS-plus-Bestimmungen enthalten, d.h. Bestimmungen, die weiter gehen als das TRIPS-Abkommen.
- Der Patentschutz soll nicht über eine Dauer von 20 Jahren hinaus ausgedehnt werden.
- Die Versuchsdaten für die Zulassung eines Medikaments und das Geschäftsgeheimnis dürfen nicht zu Handelsmonopolen führen.
- Die wesentlichen Medikamente, insbesondere die antiretroviralen Mittel und die Arzneimittel gegen opportunistische Infektionen, dürfen nicht dem Patenschutzsystem unterstellt werden.
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