Für bezahlbare Medikamente: offener Brief an Alain Berset
Zürich/Lausanne, 31. Januar 2019
Als Schweizer Gesundheitsminister zerbrechen Sie sich sicher auch den Kopf über die stetig steigenden Medikamentenkosten – genauso wie die davon direkt Betroffenen. Das sind primär natürlich all jene Kranken, die aus finanziellen Gründen keinen Zugang zur bestmöglichen Therapie haben. Andererseits aber auch alle anderen Bürgerinnen und Bürger, die unter der durch überrissene Arzneimittelpreise mitverursachte Kostenexplosion im Gesundheitswesen leiden.
Auf parlamentarische Nachfrage gab sich der Bundesrat im September 2018 entsprechend besorgt und stellte fest, „dass Pharmaunternehmen vermehrt Preise fordern, die zu sehr hohen zusätzlichen Kosten für die steuer- und prämienfinanzierten Sozialversicherungssysteme führen“. Zudem konstatiert er, dass „aufgrund dieser hohen Preisforderungen neue Therapien vermehrt nicht mehr oder nur nach intensiven Diskussionen in die Spezialitätenliste aufgenommen werden“ können.
Klar ist: Heilungschancen dürfen keine Geldfrage sein, weder in der Schweiz noch anderswo. Der gleichberechtigte Zugang zu lebensnotwendigen Medikamenten muss verteidigt und eine Zweiklassenmedizin verhindert werden.
Auch der Bundesrat anerkennt offiziell, dass „weitere Massnahmen zur Kostendämpfung im Arzneimittelbereich erforderlich sind“. Gehandelt hat er bislang allerdings nicht gegen hochpreisige patentierte Medikamente. Diese sind durch die aktuell diskutierten Kostendämpfungsmassnahmen nicht betroffen, obwohl sie 3/4 (ca. 5 Milliarden Franken in 2017) der durch die Grundversicherung übernommenen Kosten der Medikamente ausmachen.
Dabei gibt es ein wirksames Gegenmittel: Die Zwangslizenz. Mit diesem politischen Instrument lässt sich die Balance zwischen privatem Profitstreben und öffentlichem Gesundheitsinteresse wiederherstellen. Eine Zwangslizenz erlaubt den Vertrieb von Generika trotz bestehendem Patentschutz, entlastet so das Gesundheitsbudget und ermöglicht allen kranken Menschen den Zugang zu lebensnotwendigen Medikamenten.
Da Sie ein Problem bewusster, aber viel beschäftigter Mann sind, Herr Berset, hat Public Eye die notwendige Vorarbeit geleistet: Hier finden Sie den detaillierten Antrag auf eine solche Lizenz für das Brustkrebsmedikament „Perjeta“, einen hoch profitablen Blockbuster von Roche. Diesen Antrag können Sie direkt so einreichen.
Wieso ausgerechnet „Perjeta“? Weil Roche bei dieser Krebsbehandlung dank Patentschutz eine höchst profitable Monopolstellung hat und die Preise praktisch im Alleingang festsetzt (60‘000 Franken als Einzel- oder 100‘000 Franken als Kombinationstherapie), wie die SRF-Rundschau gezeigt hat. Allein 2017 hat „Perjeta“ dem Basler Konzern über zwei Milliarden Franken Umsatz beschert, womit dessen CEO unter anderem seinen sagenhaften Jahreslohn von fast 12 Millionen Franken rechtfertigt. Dafür müssten selbst Sie als Bundesrat 27 Jahre lang arbeiten!
Public Eye fordert mit all jenen 33’103 Menschen, die eine entsprechende Sammelbeschwerde für bezahlbare Medikamente unterzeichnet haben, dass der Bundesrat endlich aktiv wird und politische Massnahmen gegen die horrenden Preise patentgeschützter Medikamente ergreift.
Mit dem anwendungsbereiten Antrag auf eine Zwangslizenz liegt der Ball jetzt bei Ihnen, Herr Berset. Diese Einreichung beim Bundespatentgericht hätte nationalen Pioniercharakter und internationale Signalwirkung. Also Herr Bundesrat, gewichten Sie die Gesundheit aller oder die Profitinteressen einzelner höher?
Wir und die Schweizer Bevölkerung sind gespannt auf Ihre Antwort!