Leak zum Freihandelsabkommen mit Indien: Schweiz schützt Pharma auf Kosten ärmster Patient*innen
Zürich, Lausanne, 14. Februar 2024
Offener Brief an Guy Parmelin, Elisabeth Baume-Schneider, Ignazio Cassis sowie an die Staatssekretärin für Wirtschaft, Helene Budliger Artieda.
Das derzeit hinter verschlossenen Türen ausgehandelte Abkommen enthält einem Leak vom 12.2.2024 zufolge restriktive und schädliche Forderungen der Schweiz in Bezug auf das geistige Eigentum, zum Beispiel Anforderungen wie einen Testdatenschutz von mindestens sechs Jahren, die über das Übereinkommen der Welthandelsorganisation (WTO) über handelsbezogene Aspekte der Rechte an geistigem Eigentum (TRIPS) hinausgehen.
Indien ist TRIPS-konform, und keine dieser von der Schweiz geforderten so genannten TRIPS-plus-Bestimmungen sind im Rahmen des WTO-Abkommens erforderlich. Bestimmungen, die über bereits existierende Patentmonopole hinausgehen, wie etwa ein Testdatenschutz von sechs Jahren, hätten verheerende Auswirkungen auf den Zugang zu kostengünstigeren Versionen neuerer Medikamente für die Menschen in Indien oder anderen einkommensarmen Ländern, die auf die Versorgung mit erschwinglicheren, qualitätsgesicherten Generika aus indischer Produktion angewiesen sind.
Unnötig und schädlich
Indien bezieht weniger als 1% der gesamten Schweizer Arzneimittelexporte. Es ist offensichtlich, dass die Schweiz ihre Pharmaindustrie unangemessen schützt und deren Monopolrechte stärkt - auf Kosten der Patient*innen in Indien und anderen Ländern des globalen Südens.
Public Eye hat heute an den Wirtschaftsminister Guy Parmelin, an die Gesundheitsministerin Elisabeth Baume-Schneider, an den Aussenminister Ignazio Cassis sowie an die Staatssekretärin für Wirtschaft, Helene Budliger Artieda einen dringlichen Appell mit der Aufforderung verschickt, dass die Schweiz in den Verhandlungen keine verheerenden TRIPS-plus-Bestimmungen aufnimmt. Die EU, die ebenfalls in Verhandlungen steht, kommt in ihrem Impact Assessment zum Freihandelsabkommen mit Indien klar zum Schluss, dass auf TRIPS-plus-Klauseln verzichtet werden soll, um den Zugang zu Medikamenten – und damit das Recht auf Gesundheit - in einkommensärmeren Ländern nicht zu gefährden. Die Schweiz hat nicht mal eine (öffentlich zugängliche) Folgeabschätzung durchgeführt.