Rückblick von der Weltkakao-Konferenz: Gute Absichten ohne Plan
11. Juli 2014
Ein höherer Kakaopreis kann, zusammen mit anderen Massnahmen, Kakaobauernfamilien zu einem existenzsichernden Einkommen verhelfen. Auch dieses Thema konnte die EvB zusammen mit dem Voice-Netzwerk prominent auf der Konferenzagenda platzieren und in die Schlussempfehlungen einbringen.
Die Weltkakaokonferenz 2014 wurde durch den Direktor der internationalen Kakaoorganisation (ICCO), Jean-Marc Anga, mit deutlichen Worten eröffnet: Entweder müssten die Schokoladetafeln kleiner werden, oder die Preise für Kakao müssen steigen. Madame Touré-Litse vom staatlichen ivorischen Kaffee-Kakao-Marketingboard schlug wenig später in die gleiche Kerbe, als sie vor den über tausend TeilnehmerInnen verlangte, endlich das Tabu zu brechen und offen über Kakaopreise zu diskutieren. So überraschend diese Aussage einer staatlichen Vertreterin war, noch ungewohnter klang es, als auch Branchenriesen wie Barry Callebaut öffentlich eingestanden, dass die Kakaoanbauenden einen höheren Preis für ihre Bohnen erhalten sollten. Weitgehend unklar blieb allerdings, wie hoch dieser sein soll, wie die Kakaobäuerinnen und -bauern von den höheren Preisen profitieren sollen und wer die höheren Preise bezahlt.
Höhere Preise als Schritt auf dem Weg zu existenzsichernden Einkommen
Ein signifikant höherer und stabiler Kakaopreis ist ein wichtiger Bestandteil existenzsichernder Einkommen für Kakaobauernfamilien. Von einem existenzsichernden Einkommen profitierten sowohl die Bäuerinnen und Bauern als auch die verarbeitende Wirtschaft, wie zwei vom Voice-Netzwerk erstellte Vorstudien zeigen. Diese wurden an der Konferenz vorgestellt. Um ein existenzsicherndes Einkommen berechnen und lokal differenzieren zu können, braucht es viele Grunddaten. Unternehmensdaten, z.B. aus unternehmensinitiierten Nachhaltigkeitsprojekten, wären eine wertvolle Ressource, um das Modell weiterzuentwickeln. Leider wollen Unternehmen diese Daten jedoch nicht veröffentlichen. Immerhin bestand zum Grossteil Einigkeit darüber, dass existenzsichernde Einkommen ein wichtiger Faktor sind, wenn die massive Abwanderung der jungen Generation aus dem Kakaosektor gestoppt werden soll. Dass existenzsichernde Einkommen als Thema an der Konferenz etabliert wurden, ist ein wichtiger Teilerfolg für das Netzwerk und seine PartnerInnen im Süden.
Ein weiterer Erfolg, den das Voice-Netzwerk an der Konferenz verbuchen konnte, ist das Mitwirken an der Machbarkeitsstudie für einen Kakaonachhaltigkeitsfonds, der zusätzliche Finanzmittel generieren soll für Programme im Kakaosektor. Ebenfalls in die Schlussempfehlungen der Konferenz aufgenommen wurde die EvB-Forderung, dass für die Auswertung von Nachhaltigkeitsprojekten mit gemeinsam definierten Indikatoren erfolgen muss, damit alle mit gleich langen Spiessen behandelt werden.
Grundsätzlich war die Zivilgesellschaft dieses Mal besser in die Konferenz und deren Prozesse eingebunden, obschon Bäuerinnen und Bauern leider eher bescheiden an der Konferenz vertreten waren. Die regelmässigen Meetings der Bauernorganisationen, Gewerkschaften und NGOs, welche das Voice-Netzwerk vor und während der Konferenz organisierte, ermöglichten es der Zivilgesellschaft jedoch, Themen wie existenzsichernde Einkommen, Steuern und Zahlungstransparenz auf den Tisch zu bringen und die Ankündigung von Grossinitiativen gemeinsam kritisch zu hinterfragen.
Neue Unternehmensgrossinitiative «CocoaAction»
Eine solches Initiative ist die sog. «CocoaAction», ein von zwölf Grosskonzernen wie Nestlé, Barry Callebaut, Mars und Cargill ins Leben gerufenes Projekt, das von der «World Cocoa Foundation» koordiniert wird. Die Unternehmen wollen darin zusammenarbeiten, um die Kakaoerträge zu erhöhen, und um die Lebensbedingungen von 300 000 Bauernfamilien in Ghana und der Elfenbeinküste zu verbessern. Einmal mehr fehlen jedoch konkrete Umsetzungspläne. Zudem wurden Bauernorganisationen und Zivilgesellschaft bisher nicht konsultiert. Unklar ist ausserdem, ob und wie die «CocoaAction» mit existierenden Programmen der einzelnen Unternehmen synchronisiert wird, und ob nur jene Kakaobäuerinnen und –bauern in Ghana und der Elfenbeinbeinküste in die Initiative einbezogen werden, die leicht zu erreichen sind.
Besorgniserregend ist letztlich auch die in der Initiative und an der Konferenz mehrfach geäusserte Forderung nach einem höheren Dünger- und Pestizideinsatz, um die Produktivität der Kakaoplantagen zu erhöhen. Kurzfristig mögen die Erträge steigen, aber ob die Situation der Betroffenen damit nachhaltig verbessert werden kann, ist äusserst fraglich, angesichts ausgelaugter Böden, Gesundheitsrisiken, des Entstehens neuer Kosten und knapper Mittel.
Die an alle AkteurInnen im Kakaosektor gerichteten Schlussempfehlungen der Weltkakaokonferenz reichen ziemlich weit, Verbindlichkeiten oder gar Sanktionsmöglichkeiten sucht man hingegen vergebens. Statt der ICCO als überstaatlicher Organisation mehr Kompetenzen zu geben, wie an der ersten Weltkonferenz bestimmt, verschob sich zudem das Machtverhältnis in diesem Jahr in Richtung der Unternehmen.