Mopani: Glencores doppelte Rolle rückwärts

Der am 19.1. bekannt gewordene Verkauf der Mopani-Mine von Glencore an den staatlichen sambischen Minenkonzern erinnert an Kunstturnen: Von der im Jahr 2000 vollzogenen Privatisierung zur jetzigen Rückverstaatlichung mit angekündigter Teilprivatisierung. Und mit einem besonderen Kunststück zum Erwerb von Minen, das nun aufgeführt wird, um eine Mine loszuwerden.

Die Ausgangslage: Glencore besass die Kupfer- und Kobaltmine Mopani über die Briefkastenfirma Carlisa und war für deren Betrieb verantwortlich. First Quantum, ein kanadisches Bergbauunternehmen, hielt eine Minderheitsbeteiligung an Carlisa, und 10% von Mopani gehörte bereits der staatlichen ZCCM Investments Holding. Nun wird ZCCM Alleineignerin.

«Mopani» heisst ein Baum im südlichen Afrika, der nur unscheinbar blüht und in der Trockenzeit die Blätter abwirft. Das beschreibt gut, was die Glencore-Mine Sambia bisher gebracht hat.

Ende der 1990er Jahre hatte das hochverschuldete Sambia unter dem Druck des internationalen Währungsfonds seine gesamte Bergbau-Industrie privatisiert. Zum schlechtmöglichsten Zeitpunkt also, denn kurz danach setzte ein jahrelanger «Super-Cycle» mit rekordhohen Kupferpreisen ein. Davon konnte das Land aufgrund der - gelinde gesagt - grosszügigen Bedingungen der Privatisierung kaum profitieren. Lächerliche 0,6% des Umsatzes waren als gewinnunabhängige Royalties für Glencore in den ersten Jahren nach dem Besitzerwechsel fällig, mehr sollte durch Gewinnsteuern reinkommen. Nur: Mopani machte nie Gewinn und zahlte folglich auch keine Steuern. Jetzt verstaatlicht das wiederum hochverschuldete Sambia – das Land musste eben erst den Staatsbankrott erklären – die Mine also zurück.

© Kadir van Lohuizen / Keystone
Die Anwohner der Mopani-Mine leiden unter den gefährlichen Schwefeldioxid-Emissionen.

Auch mit Blick auf Glencore erscheint das ganze wie die Umkehr eines altbekannten Musters. In Peru oder im Kongo beispielsweise kam Glencore in den Besitz von Minen, indem es Unternehmen, die knapp bei Kasse waren, gegen Abnahmeverträge und hohe Zinsen viel Geld lieh. Konnten diese ihre Schulden nicht mehr bedienen, erhielt Glencore die Mine. Jetzt sichert sich Glencore einen Abnahmevertrag und verleiht Geld, damit es die Mopani-Mine los wird.

Für Sambia ist das zunächst mal eine gute Nachricht. Glencore hatte Mopani in der Coronakrise im April nämlich eingemottet und machte seither keine Anstalten, die Produktion wieder vollumfänglich aufzunehmen. Durch die Rückverstaatlichung können nach Angaben des Bergbau-Ministers 15‘000 Arbeitsplätze in Mufulira und Kitwe gesichert und ein Wirtschaftskollaps im Kupfergürtel verhindert werden. Dass Präsident Edgar Lungu im Sommer wiedergewählt werden möchte, dürfte den Abschluss der Verhandlungen beschleunigt haben.

Schnäppchen oder über den Tisch gezogen?

Die Privatisierung vor 20 Jahren war ein sehr guter Deal für die Firmen. Auf dem Papier sieht auch die Verstaatlichung wie ein Schnäppchen aus: Nur einen Dollar kostet Mopani. Allerdings muss ZCCM nicht nur die Mine, sondern auch 1,5 Milliarden Dollar Schulden übernehmen. Schulden, die Mopani gegenüber der Carlisa (in der Steueroase British Virgin Islands domiziliert), Glencore International und Glencore Finance (in der Steueroase Bermuda) eingegangen war. Kleines «Pro Memoria» aus dem grossen Steuervermeidungs-ABC: Die konzerninterne Verschuldung von Tochtergesellschaften – mit Vorliebe zu nicht-marktüblichen Zinsen - ist ein todsicheres Mittel, um sicherzustellen, dass die Tochter keinen Gewinn macht. Und damit auch keine Steuern bezahlt.

Und diese Schulden haben harte Bedingungen. Der Zins liegt 3% über dem Referenzzinssatz LIBOR (London Inter-Bank Offered Rate), und dies im Zeitalter von Null- und Negativzinsen. Und die Schulden müssen vierteljährlich zurückgezahlt werden. Einerseits müssen dafür ab 2023 volle 10 bis 17,5% des Umsatzes abgedrückt werden (bis dann 3%). Dies unabhängig davon, ob und wie viel Gewinn Mopani macht (vergleiche dazu die oben erwähnten umsatzabhängigen Spott-Royalties von zunächst 0,6%, die Glencore bezahlen musste). Hinzu kommt noch ein Drittel des Nettogewinns. Bis die Schulden abgestottert sind - ZCCM geht optimistisch von 10 bis 17 Jahren aus – hat Glencore zudem ein «Offtake Agreement», übernimmt also das Kupfer und den Kobalt von Mopani. Ob die Rechnung unter dem Strich für Sambia jemals irgendwie aufgehen kann, hängt auch vom nicht öffentlichen Kleingedruckten dieses Abkommens ab. Ein Oppositionspolitiker meint jedenfalls, dass sich durch diesen schlechten Deal «die Geschichte wiederhole».

Und auf die Rückverstaatlichung folgt zugleich wieder eine Teilprivatisierung. Glencore hinterlässt nämlich mehrere angefangene Ausbauprojekte, nach deren Abschluss die Produktion von Mopani verfünffacht werden kann. Zuerst müssen aber noch 300 Millionen Dollar investiert werden, Geld, das der Staat nicht hat. Deswegen wird bereits ein neuer internationaler Partner gesucht.

Die 1,5-Milliarden-Dollar-Frage

Auch wenn die Bedingungen fürstlich sind, stellt sich doch die Frage, warum Glencore gerade jetzt den Bettel hinwirft. In den letzten Jahren wurde massiv investiert, offensichtlich glaubte man da an die Profitaussichten. Zudem haben die Kupferpreise wieder so stark angezogen, dass in der Branche bereits von einem neuen Super-Cycle die Rede ist. Und Kobalt ist dank Elektromobilität sowieso das Boom-Metall schlechthin.

Hat der Ausstieg damit zu tun, dass Glencore kürzlich in Sambia wegen Mopanis Schwefeldioxid-Emissionen und auch wegen seiner Steuerpraktiken gebüsst wurde?

Oder haben Investoren Druck gemacht, dass der Konzern seine Skandal-Minen los wird?

Die Financial Times meinte, Glencore habe einen «langen Schwanz von marginalen Vermögenswerten, die Managementzeit beanspruchen und erhöhte ökologische, soziale und Governance-Risiken bergen».

Die entscheidende Frage für die Menschen in Mufulira ist hingegen, ob ZCCM im Gegensatz zu Glencore gewillt ist, die gefährlichen Schwefeldioxid-Emissionen endlich in den Griff zu kriegen.

«Dene wos guet geit, giengs besser, giengs dene besser, wos weniger guet geit» (Mani Matter)

Andreas Missbach arbeitet seit 2001 zu Banken, Rohstoffhändlern und zur Verantwortung von Unternehmen für die Einhaltung der Menschenrechte. Langweilig wird ihm dabei nie und die Arbeit geht ihm leider auch nicht so schnell aus.

Kontakt: andreas.missbach@publiceye.ch
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