Trafigura auf dem Weg zur Transparenz…
Anne Fishman, 29. August 2019
Mitte Juli kündigte Trafigura an, sie wolle die Beziehung zu ihren Vermittlern bis Ende Oktober 2019 beenden. Die Aktion wurde vielfach gelobt – die Firma zeige damit, dass sie öffentlich konkrete Massnahmen zu ergreifen bereit sei und sich nicht damit begnüge, ihr Good-Governance-Engagement zu beteuern. Insbesondere die Zivilgesellschaft begrüsste die Ankündigung und deutete sie als positiven Schritt im Kampf gegen die Korruption. Vermittler, auch Mittelsmänner oder Türöffner genannt, sind allzu oft ein Bindeglied in Korruptionsnetzen, wenn Unternehmen lukrative Verträge mit erdöl- oder rohstoffreichen – oftmals afrikanischen – Ländern abschliessen oder erneuern wollen.
Voller Kurs Richtung Transparenz!
Nach der Flut von Korruptionsfällen bei vielen grossen unabhängigen Schweizer Handelsfirmen (Trafigura, Glencore und Vitol stehen im Zusammenhang mit dem Petrobras-Skandal im Rampenlicht der brasilianischen und US-amerikanischen Justiz, Gunvor wird wegen seiner Aktivitäten in der Republik Kongo von der Bundesanwaltschaft verfolgt) stärkt die angekündigte Massnahme Trafiguras Vorreiterrolle in Sachen Transparenz. Nachdem die Firma im Rahmen der EITI-Initiative (Extractive Industries Transparency Initiative) als Pionierin bei der Offenlegung der Zahlungen an die Regierungen der Förderländer aufgetreten ist, beschliesst sie nun also, ihren Mittelsmännern zu kündigen, deren Methoden sich mitunter als verfänglich oder sogar strafbar herausstellen.
Aber das zählt nicht viel – Trafiguras CEO Jeremy Weir hat sich am 29. Juli in Brazzaville offenbar mit Präsident Denis Sassou-Nguesso unterhalten: «Trafigura bekundete ihre Bereitschaft, die Zusammenarbeit mit dem Kongo im Bereich Erdöl zu stärken».
Ist der Verzicht auf den Einsatz von Mittelsmännern auch ein bedeutender Schritt in die richtige Richtung, so darf man an den Prinzipien hinter der Weiterentwicklung von Trafiguras Aktivitäten in manchen korruptionsgebeutelten Staaten zweifeln. Die Republik Kongo gehört in der Tat zu den korruptesten Ländern weltweit, wie das Ranking von Transparency International (Corruption Perception Index, CPI) immer wieder bestätigt.
Unrecht erworbene Vermögen…
Der Präsident der Republik Kongo Denis Sassou-Nguesso regiert sein Land seit über dreissig Jahren mit eiserner Faust. Seit etwa zehn Jahren wird in verschiedenen europäischen Ländern gegen ihn und seine Angehörigen ermittelt, unter anderem wegen unrechtmässig erworbener Vermögenswerte. Im Mittelpunkt dieser langfristigen Untersuchungen stehen die Erträge aus illegalen Aktivitäten, die es den Anführern der Sassou-Nguesso-Clans ermöglicht haben, sich in einem Masse persönlich zu bereichern, das ihr Einkommen nicht rechtfertigen kann. So haben die französischen Behörden festgestellt, dass die Familie Sassou-Nguesso in Frankreich Immobilien und Luxusgüter im Wert von über 60 Millionen Euro besitzt. Und unsere im September 2017 veröffentlichte Recherche zeigte die fragwürdigen Praktiken von Gunvor im Kongo, welche von der Schweizer Justiz bestätigt wurden: Damit der Rohstoffhändler an seine Öllieferung kam, erhielten kongolesische Beamte Bestechungsgelder in Millionenhöhe. Von diesen korrupten Vereinbarungen profitierten die First Lady und der Präsident persönlich. Die britische NGO Global Witness veröffentlichte im August eine weitere Untersuchung über Staatsgelder von über 50 Millionen Dollar, die Präsidentensohn Denis Christel Sassou-Nguesso auf Kosten der kongolesischen Bevölkerung veruntreut haben soll.
…zahlen sich nie aus
Die Handelsfirmen, allen voran Trafigura, präsentieren sich als Verfechterinnen einer verantwortungsvollen Unternehmensführung. Glencore und Gunvor sind kürzlich in Trafiguras Fussstapfen getreten und versicherten, sie würden den Einsatz von Mittelsmännern im Rahmen ihrer Handelsaktivitäten beschränken. Dies ist natürlich eine positive Entwicklung, schliesslich stehen das hochriskante Geschäftsmodell und insbesondere der heikle Einsatz von Mittelsmännern seit geraumer Zeit am Pranger. Dennoch sei daran erinnert, dass Good Governance nicht bedeutet, sich hie und da etwas zu engagieren oder durch öffentlichkeitswirksame Ankündigungen zu profilieren. Good Governance beginnt damit, dass man die richtigen Fragen stellt.
Ist es nicht ziemlich zynisch und überholt, direkt mit einer kleptokratischen Familie Geschäfte zu machen, die gegen die Interessen der Bevölkerung handelt und diese schamlos um beträchtliche Einnahmen bringt?
Wie war das nochmal mit Pioniergeist und Vorreiterrolle?
"Perversion und Korruption maskieren sich oft als Mehrdeutigkeit. Ich traue der Mehrdeutigkeit nicht." (John Wayne)
Anne Fishman arbeitet seit 2006 im Bereich Finanz-Kriminalität. Sie hat sich auf die Untersuchung von Korruptionsnetzen spezialisiert, insbesondere auf die Analyse von Geldwäschemechanismen und deren Bekämpfung.
Kontakt: anne.fishman@publiceye.ch
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