Gerecht, ökologisch, zukunftsfähig: eine neue Aussenwirtschaftspolitik für die Schweiz
Heute stellt die Politik die Wirtschaftsinteressen der Schweiz in den Mittelpunkt und setzt diese oft gleich mit den Interessen der Grosskonzerne. Das ist nicht mehr zeitgemäss und behindert die Bewältigung der aktuellen globalen Herausforderungen. Ja, es unterläuft das Erreichen der UNO-Nachhaltigkeitsziele sowie das langfristige Erhalten der Lebensgrundlagen nachfolgender Generationen – und damit das Sichern eines breit definierten Wohlstands für alle Menschen.
Ziele und Inhalt
Mit einem neuen Positionspapier will Public Eye der aussenwirtschaftspolitischen Debatte neue Impulse verleihen. Die darin vorgeschlagenen Massnahmen sollen einen Beitrag zur Schaffung einer zukunftsfähigen Schweizer Aussenwirtschaftspolitik leisten – einer Politik, die zur Lösung globaler Probleme beiträgt und den Wohlstand aller Menschen fördert. Im Folgenden skizzieren wir unsere Massnahmenvorschläge in ausgewählten Themenbereichen. Darunter finden sich konkrete, direkt umsetzbare Vorschläge wie auch langfristig anzustrebende Massnahmen. Die Themenauswahl basiert auf einer Analyse bestehender aussenwirtschaftlicher Handlungsfelder in der Schweiz und reicht vom Handel über den Finanzplatz und das Steuersystem bis zum Klima.
Prinzipien einer wertebasierten Aussenwirtschaftspolitik
Eine zukunftsfähige Aussenwirtschaftspolitik muss sich an den aussenpolitischen Zielen der Bundesverfassung ausrichten. Das Wertefundament, das wir den hier präsentierten Vorschlägen einer zukunftsfähigen Schweizer Aussenwirtschaftspolitik zugrunde legen, sind vier handlungsleitende Prinzipien, die sich auch in Art. 54 Abs. 2 der Bundesverfassung über die «Auswärtigen Angelegenheiten» finden.
- Achtung und Förderung der Menschenrechte: «Der Bund (…) trägt namentlich bei (…) zur Achtung der Menschenrechte» (BV, Art. 54 Abs. 2). Die internationalen Wirtschaftsbeziehungen der Schweiz dienen der Gesellschaft und den Menschen. Die grundlegenden Rechte werden geachtet, bspw. faire Arbeitsbedingungen, gerechte Entlohnung oder das Verbot von Kinder- und Zwangsarbeit.
- Globale soziale Gerechtigkeit: «Der Bund (…) trägt namentlich bei zur Linderung von Not und Armut in der Welt (…)» (BV, Art. 54 Abs. 2). Die internationalen Wirtschaftsbeziehungen der Schweiz tragen zu einer Welt bei, in der alle Menschen ihr Leben in Würde leben können. Korruption, illegale und illegitime Wirtschaftspraktiken, die Menschen in anderen Ländern schaden, werden unterbunden.
- Ökologische Zukunftsfähigkeit: «Der Bund (…) trägt namentlich bei (…) zur Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen » (BV, Art. 54 Abs. 2). Die internationalen Wirtschaftsbeziehungen der Schweiz respektieren die ökologischen Grenzen und bewahren die Umwelt für zukünftige Generationen.
- Demokratische Gestaltungsspielräume: «Der Bund (…) trägt namentlich bei (…) zur Förderung der Demokratie» (BV, Art. 54 Abs. 2). Die internationalen Wirtschaftsbeziehungen der Schweiz unterstützen die Selbstbestimmungsmöglichkeiten im Rahmen von internationalen Verpflichtungen und eine demokratische Teilhabe ohne Diskriminierung.
Weitere Informationen
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Ausgangslage & Begrifflichkeiten
In diesem Dokument finden Sie zusätzliche Kontextinformationen.
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Güterhandel
Die Schweiz nutzt die Handelspolitik als Lenkungsinstrument. Sie fördert aktiv den internationalen Handel mit nachhaltigen Produkten und schafft damit Anreize zur Verbesserung der Produktion, sorgt aber auch dafür, dass der Handel mit besonders schädlichen Produkten eingeschränkt wird.
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Digitaler Handel
In ihrer digitalen Aussenwirtschaftspolitik stellt die Schweiz Menschenrechte, Gemeinwohl und Nachhaltigkeit in den Mittelpunkt. Sie fördert die Entwicklung von digitalen Gemeingütern, etabliert angemessene Mindestanforderungen im Datenschutz, setzt sich für faire technische Standards und den Schutz kleinerer Unternehmen und gemeinnütziger Organisationen ein und verhindert marktbeherrschende Stellungen und deren Missbrauch durch Digitalkonzerne.
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Service Public
Die Schweiz setzt sich im Inland und international für die Stärkung, den Ausbau und die öffentliche Kontrolle des Service public ein. Alle Menschen sollen Zugang zu hochwertigen Grunddienstleistungen haben sowie gemeinsam demokratisch über deren Ausgestaltung entscheiden können.
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Wissen und Innovation
Die Schweiz setzt sich ein für die Beschränkung des Schutzniveaus von Patenten. In Verhandlungen und Abkommen mit einkommensschwächeren Ländern werden keine Forderungen gestellt, die über die WTO-Bestimmungen (TRIPSplus) hinausgehen, insbesondere im Gesundheits- und Landwirtschaftsbereich. Diesen Ländern werden die TRIPS-Flexibilitäten vollumfänglich zugestanden. Die Schweiz fördert Innovation und beidseitigen Wissenstransfer in internationalen Abkommen und mit entsprechenden Programmen.
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Finanzplatz
Der Finanzplatz Schweiz nimmt eine Vorreiterrolle als nachhaltiger Finanzplatz ein, und zwar in allen Dimensionen der Nachhaltigkeit. Er verzichtet auf Investitionen, Kreditvergaben sowie weitere Finanzdienstleistungen, die schädlich sind, und lenkt sowohl eigene Mittel als auch diejenigen seiner Kundschaft in Investitionen, die zu mehr sozialer Gerechtigkeit, Klima- und Biodiversitätsschutz sowie zur Erhaltung natürlicher Ressourcen beitragen.
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Direktinvestitionen und Exportversicherung
Die Schweiz fördert und schützt nur noch nachhaltige Direktinvestitionen im Ausland und verlangt dabei konsequent und explizit die Achtung von Menschenrechten und Umwelt in den Partnerländern. Die Grundlagen dafür werden transparent und unter Einbezug aller wichtigen Stakeholder verhandelt und enthalten Grundsätze, die das Einhalten von internationalen Menschen- und Arbeitsrechten sowie das Erreichen der in internationalen Abkommen formulierten Umweltziele sicherstellen.
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Steuersystem
Die Schweiz gilt nicht weiter als Steueroase für multinationale Unternehmen und Superreiche. Sie verfügt über ein Steuersystem, das sich an den Grundsätzen der Gerechtigkeit orientiert, und setzt sich international für ein solches ein.
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Klima
Die Aussenwirtschaftspolitik ist kompatibel mit den Pariser Klimazielen, zu denen sich die Schweiz verpflichtet hat. Weiter befördert sie die globale wirtschaftliche Transformation hin zu einer konsequent klimaneutralen und umweltschonenden Wirtschaftsweise und trägt, im Sinne der Klimagerechtigkeit, angemessen zur globalen Klimaschutzfinanzierung bei.
Schlussbemerkung
Mit diesem Report möchten wir eine breite Diskussion zu einer zukunftsfähigen Aussenwirtschaftspolitik der Schweiz anstossen. Die Umsetzung der Nachhaltigkeit in allen Politikbereichen sowie tiefgreifende geopolitische Umwälzungen verlangen eine grundlegende Anpassung der Aussenwirtschaftspolitik. In dem Sinne laden wir alle interessierten Kreise dazu ein, sich an der Debatte zu beteiligen, um gemeinsam eine Aussenwirtschaftspolitik der Schweiz zu entwickeln, die zu mehr Gerechtigkeit auf der Welt beiträgt und mithilft, unsere Lebensgrundlagen auch für künftige Generationen zu erhalten.
Report Aussenwirtschaftspolitik
Der Report «Gerecht, ökologisch, zukunftsfähig: eine neue Aussenwirtschaftspolitik für die Schweiz» (2024) ist in Deutsch und Französisch erhältlich. Hier können Sie den ganzen Report als PDF herunterladen.
Report Aussenwirtschaftspolitik (Deutsch)
Report Aussenwirtschaftspolitik (Französisch)