Anti-Zucker-Protest in Vevey: Über 100'000 Unterschriften gegen Nestlés Doppelmoral bei Babynahrung überreicht

Mehr als 105’000 Menschen fordern von Nestlé, den Zuckerzusatz in der Babynahrung, die der Konzern in einkommensärmeren Ländern verkauft, endlich zu stoppen. Bei der Übergabe ihres Protestbriefs vor dem Hauptsitz in Vevey haben Public Eye, IBFAN und EKO heute deshalb auch das Äquivalent von 10 Millionen Zuckerwürfeln an Nestlé retourniert. So viel konsumieren Babys über Cerelac-Getreidebrei – und zwar täglich. In der Schweiz verkauft Nestlé solche Produkte ohne Zuckerzusatz. Der Weltmarkführer für Säuglingsnahrung muss diese schä(n)dliche Doppelmoral endlich beenden.
© Martin Bichsel

Ein Lastwagen mit der Aufschrift «Für Nestlé sind nicht alle Babys gleich» ist heute Nachmittag die Avenue Nestlé in Vevey hinaufgefahren. Darin: 40 m3 leere Kartons, die 10 Millionen Zuckerwürfel symbolisieren. Diese Menge ist in den Cerelac-Babyprodukten enthalten, die in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen jeden Tag verbraucht werden. Mit dieser «Return to sender»-Aktion fordern Public Eye und seine Partner-NGOs den Lebensmittelgiganten auf, seinen skandalösen Doppelstandard zu beenden, der durch unsere Recherche aufgedeckt wurde. Nestlé wurde zudem die von über 105’000 Personen unterzeichnete Aufforderung überreicht, weltweit sofort auf den Zusatz von Zucker in Babynahrung zu verzichten.

Zwei der meistverkauften Babynahrungsmarken von Nestlé in Ländern mit niedrigem oder mittlerem Einkommen enthalten viel zugesetzten Zucker, während solche Produkte in der Schweiz frei davon sind. Beworben werden Cerelac und Nido in Afrika, Asien und Lateinamerika als gesund und wichtig für die Entwicklung von Kindern. Dabei kann früher Zuckerkonsum eine schädliche Präferenz für Süssprodukte schaffen, die das Risiko für Fettleibigkeit und damit verbundene Gesundheitsprobleme wie Diabetes oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen erhöht. Deshalb verbieten die Richtlinien der Weltgesundheitsorganisation den Zusatz von Zucker in Babynahrung. 

Unsere Untersuchung löste eine weltweite Empörungswelle aus und veranlasste Behörden in Indien, Bangladesch und Nigeria zu Ermittlungen, während in sozialen Netzwerken zum Boykott aufgerufen wurde. Im Juni forderten Public Eye und IBFAN das Staatssekretariat für Wirtschaft (SECO) auf, diese auch dem Ruf der Schweiz schadende Geschäftspraxis zu unterbinden. Nestlé versteckt sich derweil hinter der Einhaltung geltender Vorschriften. Der Konzern verweist auf seine Bemühungen, den Zuckeranteil schrittweise zu reduzieren und in Märkten wie Indien Alternativen ohne Zuckerzusatz einzuführen. Solch halbherzige Absichtserklärungen führen jedoch nur einen Doppelstandard fort, der verheerende Folgen für die öffentliche Gesundheit hat.

Fotos aus Vevey zum Download hier.

Weitere Informationen bei:

Oliver Classen, Mediensprecher, 044 277 79 06, oliver.classen@publiceye.ch 
Manuel Abebe, Rechercheur, 077 455 42 34, manuel.abebe@publiceye.ch