Steigende Kinderarbeit: Neue Studie zeigt leere Versprechen der Kakaokonzerne
Zürich / Lausanne, 22. Oktober 2020
Ein brisanter Bericht des National Opinion Research Center der Universität Chicago (NORC) belegt ein spektakuläres Versagen der Schoggibranche: 1,5 Millionen Kinder schuften nach wie vor unter missbräuchlichen Bedingungen – das ist fast jedes zweite Kind in landwirtschaftlichen Haushalten in den kakaoanbauenden Gebieten der Côte d’Ivoire und Ghana. 95% üben dabei Tätigkeiten aus, welche zu den schlimmsten Formen von Kinderarbeit zählen (z.B. Ausbringen von Pestiziden, Ernte mit Macheten). In den letzten zehn Jahren hat die Verbreitung dieser Praktiken trotz zahlreicher Industrieversprechen gar um 13% zugenommen.
NORC bestätigt, dass solch freiwillige Vereinbarungen reine Papiertiger sind. Kein Wunder, wurde die für April 2020 geplante Publikation auf Druck der Industrie wiederholt hinausgeschoben. Aus Public Eye vorliegenden Dokumenten der World Cocoa Foundation (WCF) von Anfang 2020 geht hervor, dass die Branchenführer die Befunde vor Erscheinen des Berichts herunterspielen wollten. Entsprechend vertritt die WCF nun den zynischen Standpunkt, die Ziele des Harkin-Engel-Protokolls seien zu ambitioniert gewesen, da die Komplexität des Problems nicht bekannt gewesen sei.
Die Situation in Ghana und der Elfenbeinküste dürfte sich seit der vor Corona erfolgten Datenerhebung noch drastisch verschlechtert haben. Die International Cocoa Initiative schätzt, dass die Kinderarbeit aufgrund der Pandemie um bis zu 20% ansteigt – das sind zusätzlich 300‘000 Kinder. Ohne rechtlich verbindliche Massnahmen und ohne existenzsichernde Einkommen für die Bauernfamilien wird es nicht gelingen, Kinderarbeit zu eliminieren oder zumindest Kakaokonzerne für ihre Menschenrechtsverletzungen zur Verantwortung zu ziehen. Als Sitzstaat zahlreicher Schoggifirmen und als einem der grössten Handelsplätze für Kakaobohnen weltweit, kommt der Schweiz eine besondere Rolle zu.
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