Syngenta macht hinter den Kulissen Druck gegen Brasiliens Paraquat-Verbot – mit Unterstützung der Schweiz

Brasilien gehört neu zu den Staaten, die ein Verbot für die Verwendung des hochgiftigen Pestizids Paraquat beschlossen haben. Nun versucht die Hauptproduzentin Syngenta, die brasilianischen Behörden davon zu überzeugen, den Entscheid rückgängig zu machen. Vertrauliche Informationen zeigen, dass der Basler Multi für einflussreiche brasilianische Parlamentsabgeordnete eine Reise in die Schweiz organisiert hat – zusammen mit den Schweizer Behörden. Die Delegation hätte heute vom Staatssekretär für Bildung, Forschung und Innovation empfangen werden sollen. Aufgrund der Anwesenheit von Public Eye und Multiwatch, die gegen die Beteiligung der Schweiz am Lobbying von Syngenta für gefährliche Pestizide, die bei uns längst verboten sind, protestierten, wurde das Treffen in letzter Minute abgesagt.
© Mark Henley

Am 19. September hat die brasilianische Gesundheitsbehörde Anvisa beschlossen, das Pestizid Paraquat aufgrund zahlreicher Vergiftungsfälle, des nachgewiesenen Zusammenhangs mit Parkinsonerkrankungen und seinem erbschädigenden Potenzial zu verbieten. Ein harter Schlag für Syngenta: Die Firma realisiert über die Hälfte ihres Paraquat-Umsatzes in Brasilien. Unter dem Druck der mächtigen Agroindustrie-Lobby hat die Anvisa allerdings entschieden, dass das Verbot erst 2020 in Kraft tritt. Und sie könnte auf ihren Entscheid zurückkommen, falls bis dahin neue Studien präsentiert werden, die die Unbedenklichkeit von Paraquat beweisen.

Syngenta ist hinter den Kulissen hochaktiv, um die brasilianischen Behörden davon zu überzeugen, das Verbot zurückzunehmen und die derzeitigen Vorschriften zu lockern. Eine Gruppe brasilianischer Parlamentarierinnen und Parlamentarier ist derzeit auf Einladung der Schweizerisch-Brasilianischen Handelskammer in der Schweiz, um „die Erfolgsrezepte der Schweiz in Sachen Innovation“ zu entdecken. Interne Dokumente zeigen, dass Syngenta die Drahtzieherin dieses Besuchs ist. Die meisten der Besucherinnen und Besucher gehören der „Front für Landwirtschaft“ an, die die Interessen der Agroindustrie im brasilianischen Parlament verteidigt. Diese trug entscheidend dazu bei, dass die Anvisa ihre ehrgeizigen Pläne bezüglich des Verbots von Paraquat lockerte. Die Gruppe steht auch hinter einem Gesetzesvorschlag, der darauf abzielt, der Gesundheitsbehörde die Zuständigkeit für die Zulassung von Pestiziden zu entziehen und diese dem Landwirtschaftsministerium zuzusprechen, dem der sehr umstrittene „Sojakönig“ Blairo Maggi vorsteht. Brasilien ist ein wichtiger Markt für Syngenta: Der Konzern erwirtschaftet dort mit jährlich rund zwei Milliarden US Dollar zwanzig Prozent seines Gesamtumsatzes mit Pestiziden.

Der Bund hat die Organisation dieser Reise offiziell unterstützt. Die Delegation hätte heute vom Sekretär für Bildung, Forschung und Innovation, Mauro Dell'Ambrogio, empfangen werden sollen. Aufgrund der Anwesenheit von Public Eye und Multiwatch, die gegen die Beteiligung der Schweiz am Lobbying von Syngenta für gefährliche Pestizide, die bei uns längst verboten sind, protestierten, wurde das Treffen in letzter Minute abgesagt. In einem Brief an Bundesrat Schneider-Ammann prangert die brasilianische Kampagne gegen Agrargifte diese „Doppelmoral“ an, die einen Verstoss gegen die Menschenrechte darstellt.

Mehr Informationen hier oder bei:

Laurent Gaberell, Public Eye, Landwirtschaftsexperte, 076 379 39 21, laurent.gaberell@publiceye.ch 

Roman Künzler, Multiwatch AG Syngenta, 079 403 22 30, basel@multiwatch.ch, www.multiwatch.ch 

Ein volles Programm
Die brasilianischen Abgeordneten haben ihren Aufenthalt in der Schweiz am Montag mit einem Besuch des World Food System Center der ETH gestartet, wo Syngenta einen umstrittenen Lehrstuhl für „nachhaltige Agrarökosysteme“ finanziert. Daraufhin reisten sie nach Neuenburg, um die Niederlassung von Philipp Morris zu besichtigen. Gestern besuchten sie den Sitz von Syngenta und ihre Entwicklungslabore für neue Pestizide. Nach ihrem Treffen im Staatssekretariat werden sie ihre Tour am Institut für geistiges Eigentum beenden.

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