Trotz Korruptionsprozess: Trafigura geschäftet weiter in Angola – auf der Basis alter Netzwerke

Am 2. Dezember startet in Bellinzona ein historischer Prozess gegen Trafigura, in dem es um angebliche Korruption in Angola zwischen 2009 und 2011 geht. Zugleich betreibt der Genfer Rohstoffhändler den durch das gebeutelte Land führenden «Lobito-Korridor», eine von den USA gesponserte Eisenbahnlinie zu den Kupfer- und Kobaltminen in Zentralafrika. Public Eye war an Bord eines Zuges durch diesen Korridor und hat dabei herausgefunden, dass Trafigura bereits Anfang der 2010er Jahre Dutzende Millionen Dollar in das sich abzeichnende Lobito-Projekt investiert hat und dazu seine alten Netzwerke und wichtigsten Mittelsmänner aus der Dos-Santos-Ära nutzte.
© Fabian Lang / Public Eye

Angola vergab die Konzession für den Lobito-Korridor 2022 nicht, wie ursprünglich geplant, an China, sondern an das «europäische» Konsortium Lobito Atlantic Railway (LAR), das von Trafigura angeführt wurde. Im Oktober 2024 reiste Public Eye vor Ort, um herauszufinden, wie dem Genfer Handelshaus dieser Coup trotz juristischer Rückschläge gelang – bei einem strategischen Projekt, das von der Biden-Regierung mit Hunderten von Millionen Dollar unterstützt wurde. Ziel der 1700 Kilometer langen Eisenbahnstrecke ist es, die Erze aus dem zentralafrikanischen Kupfergürtel statt nach Osten (und damit Richtung China) nach Lobito zu bringen, einem der westlichen Welt zugewandten Atlantikhafen. 

Schon bei seiner ersten Investition von 87,5 Millionen US-Dollar im September 2010 stützte sich Trafigura auf seine historischen Netzwerke und wichtigen Mittelsmänner aus der Ära des langjährigen autokratischen Präsidenten Dos Santos. Getätigt wurde sie über eine undurchsichtige Struktur namens AngoFret Ltda, die Mariano Marcondes Ferraz verwaltete. Dieser ehemalige Trafigura-Manager wurde wegen der Zahlung von Bestechungsgeldern an den brasilianischen Staatskonzern Petrobras verurteilt – 2018 in Brasilien und 2019 in der Schweiz. Sein damaliges Geständnis ist der Grund dafür, dass sich das Handelshaus und drei natürliche Personen ab 2. Dezember wegen mutmasslicher Korruption auf dem angolanischen Ölmarkt vor dem Bundesstrafgericht in Bellinzona verantworten müssen. 

AngoFret Ltda gehörte der DT Group, einem Joint Venture zwischen dem heute unter US-Sanktionen stehenden General Leopoldino Fragoso do Nascimento, genannt «Dino», und Trafigura. Die DT Group, deren operativer Leiter Ferraz damals war, war das Zentrum von Trafiguras fragwürdigen Aktivitäten in Angola während der Dos Santos-Ära. Dinos Cousin gehörte ebenfalls zu den ersten Investoren an der Seite von Trafigura. Die Anwältin, die sich um die Firmendomizile kümmerte, war die Grossnichte einer anderen politisch exponierten Person: General Kopelipa, der ebenfalls mit Sanktionen belegt ist. Sie verfügte damals über eine von Trafigura gehostete E-Mail-Adresse und gründete auch die angolanische Tochtergesellschaft des belgischen Eisenbahnbetreibers Vecturis, Trafiguras Partner im LAR-Konsortium. 

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Oliver Classen, Mediensprecher, 044 277 79 06, oliver.classen@publiceye.ch  

Adrià Budry Carbó, Rohstoffrechercheur, 021 620 03 02, adria.budrycarbo@publiceye.ch  (ist beim Prozess in Bellinzona anwesend