Von russischem Öl zu Getreide: Undurchsichtige Geschäfte eines Genfer Traders

Zürich, 13. Dezember 2024

Seit Beginn des Krieges in der Ukraine ist der Handel mit russischen Rohstoffen ein Hochrisikogeschäft, weshalb sich grössere Händler daraus zurückgezogen haben. In die entstandene Lücke sind kleinere, intransparente Firmen gesprungen. Public Eye zeichnet nach, wie der in Grossbritannien sanktionierte Besitzer der Genfer Ölhandelsfirma Paramount Energy & Commodities SA mittels eines komplexen Firmengeflechts und eines Schweizer Beraters in den Agrarhandel einstieg. Der Ständerat hat nächste Woche die Chance, durch ein öffentliches Register über die wirtschaftlich Berechtigten von Unternehmen etwas Licht ins Dunkel dieses verschwiegenen Sektors zu bringen.

Angesichts der der Sanktionen gegen den Ölhandel und der systematischen Plünderungen von Getreide in den besetzen Gebieten der Südostukraine, ist der Handel mit russischen Rohstoffen besonders heikel. Einige Schweizer Rohstoffkonzerne geschäften aber weiterhin mit Russland. So beispielsweise auch der seit 2015 in der Schweiz ansässige Agrarhändler Harvest Group, der zwischen Frühling 2022 und Sommer 2024 über 90 Ladungen russisches Getreide kaufte. Die in Morges (Waadt) beheimatete Harvest Group wird von einem am Genfersee wohnhaften kasachischen Judoka geleitet. Wie unsere Recherche zeigt, gehört zu dessen undurchsichtigem Firmengeflecht ein halbes Dutzend weiterer Schweizer Rohstoffunternehmen. Neben Almaz Alsenov war auch der seit Jahrzehnten in Genf ansässige Ölhändler Niels Troost bis September 2023 Investor in Harvest Commodities, dem Genfer Arm der Harvest Group. 

Der Niederländer handelte bis anhin primär mit russischem Öl, worüber Public Eye mehrfach berichtete. 2023 erregten die Aktivitäten von seiner Genfer Firma Paramount Energy & Commodities SA und deren Tochtergesellschaft in Dubai die Aufmerksamkeit des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco). Dieses leitete den Fall schliesslich an die Bundesanwaltschaft weiter, welche eine Voruntersuchung wegen mutmasslichem Verstoss gegen das russische Öl-Embargo aufnahm. Wegen des gleichen Verdachts sind Troost und die beiden Paramount-Niederlassungen seit Anfang 2024 in Grossbritannien sanktioniert. 

Ob der umtriebige Händler sich damals an Harvest Commodities beteiligte, um endgültig aus dem Geschäft mit russischem Öl auszusteigen, ist unklar. Auf der Webseite der Harvest Group war jedenfalls bis vor Kurzem noch der Handel mit Rohöl und Raffinerieprodukten als Geschäftstätigkeit aufgeführt. Mittlerweile wurde dies gelöscht. Sicher ist, dass Harvest Commodities SA bis Juni 2024 von demselben Genfer Berater verwaltet wurde, wie Paramount Energy & Commodities SA. Im Oktober 2024 ging Harvest Commodities SA in Liquidation, während die Harvest Group weiterhin aktiv ist. 

Für eine international vertrauenswürdige Rohstoffdrehscheibe braucht es neben strengeren Sorgfaltspflichten auch Transparenz über die wirtschaftlich Berechtigten von Unternehmen. Die Einführung eines öffentlichen Registers, das der Ständerat am 18. Dezember während der Wintersession diskutiert, ist mit Blick auf den besonders risikoreichen Rohstoffsektor längst überfällig.

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Oliver Classen, Mediensprecher, 044 277 79 06, oliver.classen@publiceye.ch
Silvie Lang, Rohstoffexpertin, 079 218 50 78, silvie.lang@publiceye.ch