Korruption, Geldwäscherei – und die Rolle der Schweiz

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Korruption und Geldwäscherei entziehen Ländern des globalen Südens dringend benötigte Mittel. Die Schweiz galt lange als sicherer Hafen für solche illegal erworbene Gelder, und ist es teilweise noch immer. Anstatt die Korruptionsbekämpfung voranzutreiben, stellt sich die offizielle Schweiz jedoch gegen Regulierung oder handelt erst auf internationalen Druck – während sich Skandale häufen und zum Reputationsrisiko werden.

Durch Korruption bereichern sich wenige, sie schwächt aber die ganze Gesellschaft, von der Privatwirtschaft bis zum Staat. Seit langem ist anerkannt, dass Korruption eines der grössten Entwicklungshindernisse darstellt. Denn Korruption untergräbt nicht nur rechtsstaatliche und demokratische Strukturen: sie führt zu falschem Einsatz öffentlicher Mittel sowie zu Wettbewerbsverzerrungen.

Es ist empirisch nachweisbar, dass Staaten mit hohen Korruptionsraten schlechte Menschenrechtslagen aufweisen. Im «Corruption Perception Index» (2020) von Transparency International zum Beispiel, der die Korruptionswahrnehmung misst, stehen Venezuela, Jemen, Syrien, Südsudan und Somalia am Ende der Liste von 180 Staaten. Korruption und Menschenrechtsverletzungen haben wahrscheinlich auch gemeinsame Ursachen, wie etwa schwache Institutionen und Armut. Schon die Präambel der französischen «Erklärung der Rechte des Menschen und des Bürgers vom 26. August 1789» stellte fest, «dass die Unkenntnis, die Vernachlässigung oder die Missachtung der Menschenrechte die einzigen Ursachen des öffentlichen Unglücks und der Korruption der Regierungen» sei.

Korruption: Wovon sprechen wir genau?

Korruption ist kein terminus technicus. Obwohl die Debatte zur Korruptionsbekämpfung nunmehr seit über 30 Jahren geführt wird, gibt es keine allgemein anerkannte, abschliessende Definition des Begriffs; auch nicht in den Strafgesetzbüchern oder in den internationalen Verträgen. Die üblichste Definition wurde von Transparency International geprägt:

Korruption ist der Missbrauch anvertrauter Macht zu privatem Nutzen.

Ein solcher Missbrauch kann sich auf der Ebene der alltäglichen Verwaltung abspielen («petty corruption» oder Kleinkorruption) oder auf der Ebene höchster, oft politischer Ämter («grand corruption» oder politische Korruption). Auch diese Ausdrücke sind keine Rechtsbegriffe, sondern beschreiben lediglich verschiedene Ausprägungen eines übergreifenden Phänomens.

Im Strafrecht umfasst Korruption nur die eigentliche Bestechung, inklusive schwächerer Formen wie die sogenannte Vorteilsvergabe bzw. -annahme. Diese Bestechungstatbestände wurden mit Blick auf den Machtmissbrauch von Amtsträger*innen entwickelt. Neben der Bestechung schliesst der Begriff Korruption jedoch auch weitere Verhaltensweisen ein, die aber nicht alle strafrechtlich erfasst werden, etwa Interessenskonflikte, die illegitime oder illegale Handlungen begünstigen. Oder konkret der «Handel mit Einfluss», der im französischen Strafrecht als «trafic d’influence» enthalten ist: Verbotene Zuwendungen an eine Mittelsperson, die ihren (vermeintlichen) Einfluss auf Entscheidungsträger*innen geltend machen soll. Ausserdem fallen auch illegale Parteifinanzierung sowie eher diffusere Erscheinungen wie Klientelismus, Patronage oder Nepotismus unter den Begriff Korruption. Handlungen können auch «korrupt» sein, wenn es noch kein Gesetz gegen sie gibt. Denn Korruption ist oft komplex und anpassungsfähig: Sie kann sich zu neuen Formen entwickeln, die das Recht noch nicht erfassen kann. Aus diesem Grund ist zur effektiven Korruptionsbekämpfung neben der Bestrafung auch Prävention ein wichtiges Mittel.

Geldwäscherei

Die Bekämpfung von Geldwäscherei ist ein wichtiges Mittel im Kampf gegen Korruption und andere Formen der Wirtschaftskriminalität. Ursprünglich gegen den Drogenhandel eingesetzt, wurde die Geldwäschereibekämpfung rasch auf ein breiteres Spektrum von Vermögensdelikten ausgedehnt – mit derselben präventiven Absicht: Das Verbrechen soll sich finanziell nicht lohnen.

Was versteht man unter Geldwäscherei?

Mittels Geldwäscherei wird die Herkunft von Vermögenswerten, die aus einem Verbrechen stammen, verschleiert, indem diese in den legalen Finanzkreislauf zurückfliessen. Um schmutzigem Geld einen rechtmässigen Anschein zu geben, erfolgen in der Regel drei Schritte:

  1. Plazieren (placement): Der erste Schritt besteht darin, die aus kriminellen Aktivitäten stammenden Vermögenswerte in den Finanzkreislauf einfliessen zu lassen. Die Person, die das Geld wäscht, kann beispielsweise Bargeld direkt auf ein Bankkonto einzahlen.
  2. Verschleiern (layering): In einem zweiten Schritt wird das Geld in zahlreichen Transaktionen verwendet, um die Spur der kriminellen Herkunft zu verwischen. Die Gelder werden beispielsweise auf andere Bankkonten übertragen oder in Wertpapiere oder Finanzanlagen investiert. In der Regel werden die Gelder gestreut, um die Rückverfolgung der unrechtmässigen Transaktionen zu erschweren. Am häufigsten werden Offshore-Gesellschaften in kaum regulierten und intransparenten Rechtsräumen, verwendet, um die Gelder durchzuschleusen oder in komplexe Finanzkonstrukte zu platzieren.
  3. Integrieren (integration): Der dritte Schritt ist die Wiedereinführung der Vermögenswerte in legale wirtschaftliche Aktivitäten, zum Beispiel durch den Kauf von Immobilien.

Ziel der Geldwäschereibekämpfung ist es also, zu verhindern, «dass verbrecherische Vermögenswerte in den legalen Finanzkreislauf gelangen. Mit den geltenden gesetzlichen Bestimmungen sollen beispielsweise das organisierte Verbrechen und die Finanzierung von Terrorismus erschwert werden» so die eidgenössische Finanzmarktaufsicht (FINMA).

«Gestohlene Gelder» als Entwicklungshemmnis

Korruption und Geldwäscherei sind globale Phänomene und es gilt als anerkannt, dass sie die wirtschaftliche und politische Stabilität von Staaten untergraben. Neben anderen Wirtschafts- und Finanzverbrechen haben sie sich erfolgreich in die wirtschaftlichen und politischen Strukturen der meisten Länder eingeschlichen und insbesondere im globalen Süden zu wirtschaftlichem Niedergang und politischer Instabilität beigetragen. Dies liegt weniger an fehlenden gesetzlichen Massnahmen als am oft laxen regulatorischen Umfeld, den anfälligen Finanzsystemen sowie anhaltenden zivilen und politischen Unruhen.

Reiche Länder wie die Schweiz haben einen wichtigen Anteil daran – und profitieren mit. Die Schweiz galt lange als sicherer Hafen für sogenannte Potentat*innengelder – unrechtmässig erworbenen Vermögenswerte von politisch exponierten Personen (PEP). Auch heute noch liegen in der Schweiz unrechtmässige PEP-Vermögen (bspw. Duvalier-Gelder, arabischer Frühling, Libanon), für deren Rückführung die offizielle Schweiz eine Lösung sucht. Hinzu kommen in jüngerer Zeit grosse Korruptionsskandale und globale Geldwäschereinetzwerke, in denen unzählige Schweizer Bankkonten und Finanzdienstleister für Schlagzeilen sorgten: 1MDB, Lava-Jato, Panama-Papers oder PDVSA.

Für eine effektive Bekämpfung von Korruption und Geldwäscherei reicht es also nicht, in den Ländern des globalen Südens anzusetzen – auch reiche Länder wie die Schweiz müssen ihre Verantwortung wahrnehmen.