Transparenz als Grundbedingung für Verbesserungen
Um an Informationen und Zahlen zu kommen, befragte Change Your Shoes Ende 2015 die betroffenen Schuhunternehmen direkt zu ihren Lieferketten und Massnahmen für eine sozial nachhaltige Produktion. Der Fragebogen ging an 28 Schuhfirmen, darunter acht aus der Schweiz. Die Resultate waren ernüchternd: Die Hälfte der Unternehmen nahm erst gar nicht an der Befragung teil, und keine der antwortenden Firmen konnte auch nur annähernd ausreichende Massnahmen für den Schutz der Arbeits- und Menschenrechte belegen. In Sachen Transparenz hinkt die Schuhindustrie selbst der Kleiderbranche um Jahre hinterher. Und die, welche sich für mehr Transparenz einsetzen, treffen oft auf massiven Widerstand, wie unsere Reportage aus Italien zeigt.
Unsichere Arbeitsbedingungen, schlechte Löhne und fehlende Gewerkschaftsfreiheit kennzeichnen die Schuh- genauso wie die Bekleidungsindustrie. Die Marken wissen zu oft selbst nicht, wo die verschiedenen Bestandteile ihrer Schuhe entstehen. Für Change Your Shoes ist offensichtlich:
Solange die Verbindung zwischen den Produktionsbedingungen und den Markenfirmen verborgen bleibt, ist eine Verbesserung kaum möglich.
Vollumfängliche Transparenz zu schaffen, ist bei derart komplizierten Lieferketten, so vielen Zwischenhändlern und Produktionsstufen nicht einfach. Doch es ist eine Herausforderung, die zwingend angegangen werden muss.
Ein erster, kleiner Schritt wäre, dass Schuhfirmen eine Liste ihrer Zulieferunternehmen veröffentlichen. Angesichts rasch wechselnder Lieferanten müssen diese Register jährlich aktualisiert werden – und bis ins unterste Glied der Lieferkette vordringen. Doch Transparenz geht weiter: Auch Audit-Berichte, Pläne für notwendige Korrekturen von Missständen und die Höhe der bezahlten Löhne sollten für die Öffentlichkeit zugänglich sein.
Was sich ändern muss
Von der Ledergerbung bis zum Einziehen der Schnürsenkel kommt es in der Schuhproduktion zu Menschenrechtsverletzungen. Millionen von Arbeiterinnen und Arbeitern in der Schuhindustrie erhalten Löhne, von denen sie nicht leben können, müssen Überstunden leisten und ruinieren ihre Gesundheit.
Gemeinsam mit unseren Partnerorganisationen wollen wir diese Realitäten in den Schuhfabriken aufzeigen – und Vorschläge präsentieren, wie sie geändert werden können. Dafür müssen erstens die Markenfirmen, Schuhhersteller und –händler ihre Verantwortung wahrnehmen. Zweitens müssen Regierungen grundlegende Arbeitsgesetze u.a. betreffend Löhnen, Arbeitszeiten, Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz erlassen und effektiv durchsetzen.
- Alle Arbeiterinnen und Arbeiter in der Leder- und Schuhindustrie müssen mindestens Existenzlöhne verdienen, die ihnen und ihren Familien ein Leben in Würde ermöglichen.
- Gewerkschaften müssen Zugang zu den Betrieben haben und als Verhandlungspartner anerkannt werden.
- Die Gesundheit und Sicherheit aller Beschäftigten in Schuhfabriken und Gerbereien muss geschützt werden: durch sichere Betriebsstätten und Anlagen, umfassenden betrieblichen Gesundheits- und Umweltschutz sowie Schulungen und Kontrollen.
- Für fairere Produktionsbedingungen ist mehr Transparenz in der Schuhindustrie unabdingbar. Schuh-Unternehmen können sich nicht hinter dem Geschäftsgeheimnis verstecken: Sie müssen ihre Lieferkette mit allen Lieferanten und Sublieferanten offenlegen und zeigen, was sie tun, um faire Arbeitsbedingungen zu garantieren.
- Regierungen müssen Unternehmen zur Achtung von Menschenrechten in ihrer gesamten Lieferkette verpflichten. Gesetze sollten sicherstellen, dass Unternehmen Risiken in ihren Lieferketten untersuchen und offenlegen und effektive Massnahmen zum Schutz von Menschenrechten durchsetzen.