House of Cars Die Saga der «Supercars» des Obiang-Clans
Adrià Budry Carbó, 21. Januar 2020
Wo sind die «Supercars» von Teodorin Obiang? Darüber rätseln Redaktionen und NGOs seit Monaten. Ende 2016 waren sie von der Genfer Justiz beschlagnahmt und später versteigert worden. Der älteste Sohn der Potentatenfamilie wird der Geldwäscherei und der ungetreuen Amtsführung verdächtigt. Fast die Hälfte der 25 Luxusautos landete in den Händen eines unbekannten Investors. Agierte dieser im Namen des Obiang-Clans? Werden die Ferraris, Bugattis und Lamborghinis wieder auf den Strassen der äquatorialguineischen Hauptstadt Malabo auftauchen?
Die meisten der 1,3 Millionen Einwohnerinnen und Einwohner Äquatorialguineas dürften noch nie etwas vom Strafverfahren gegen den Potentatensohn gehört haben. Die Medien des Landes verlieren darüber kein Wort. Seit 1979 schröpft die Familie Obiang das kleine, südlich von Kamerun gelegene Land, in dem mehr als die Hälfte der Bevölkerung unter der Armutsgrenze lebt. Auf dem internationalen Parkett wurde die Position des Clans jüngst sogar noch gestärkt: Der Internationale Währungsfonds (IWF) gewährte dem Land im Herbst 2019 im Austausch gegen vage Transparenzversprechen einen Kredit von 280 Millionen US-Dollar. Bis auf Weiteres bleibt also alles beim Alten.
Prassen und prahlen
Neuerdings ist «Teddy», wie Teodorin sich nennt, nun erst mal auf dem Motorrad unterwegs. Ein Video zeigt ihn, wie er am frühen Abend des 22. Septembers 2019 sichtlich entspannt auf seinem Indian Springfield Dark Horse sitzt und durch die leeren Strassen der Hauptstadt Malabo cruist. Am Horizont sind ein paar beleuchtete Gebäude, Palmen, der Strand und einige Öltanker zu erkennen.
Auf dem Instagram-Account des «Golden Boy», selbst Vizepräsident von Äquatorialguinea, posten Follower vor allem besorgte Nachrichten, weil er keinen Helm trägt. Wenn Papa seit 40 Jahren das Land regiert, lebt es sich offensichtlich sorglos. Untermalt wird das Video vom eingängigen Lied «Dance The Night Away» der amerikanischen Band The Mavericks.
Ob Teddy wohl gerade an die Auktion denkt, die für die folgende Woche auf dem Golfplatz Bonmont im schweizerischen Nyon angesetzt ist? Dort werden seine 25 Supercars versteigert werden, die die Genfer Justiz im Oktober 2016 beschlagnahmt hatte, nachdem gegen ihn ein Strafverfahren wegen «Geldwäscherei und ungetreuer Amtsführung» eröffnet worden war. Teddy scheint jedenfalls glücklich zu sein, wie eigentlich immer. Egal, ob gerade seine Sportwagen, seine Villa in Malibu, sein Pariser Stadthaus oder seine diamantbesetzte Uhren beschlagnahmt werden – Teddy vergisst nie, seine flüchtigen Momente des Glücks mit seinen 91 000 Followern zu teilen.
«Here comes my happiness again. Right back to where it should have been.»
«Die ganze Medienaufmerksamkeit richtet sich auf Teodorin», kritisiert Delfin Mocache Massoko. Auch wenn der Journalist aus Äquatorialguinea, der im spanischen Exil lebt, den Präsidentensohn bei seinem Vornamen nennt, steht er ihm keineswegs nahe. Delfin Mocache Massoko war einer der Hauptzeugen beim «biens mal acquis»-Prozess in Frankreich, wo Teodorin Obiang im Oktober 2017 wegen Geldwäscherei, Veruntreuung von Vermögenswerten, Missbrauch öffentlicher Gelder, Vertrauensbruch und Korruption schuldig gesprochen wurde.
Der Journalist und Gründer der investigativen Plattform Diario Rombe ist überzeugt, dass der Präsidentensohn nur einer unter vielen ist. Teodorin sei zwar das einzige Mitglied der Familie Obiang, das zwanghaft Geld ausgebe und seinen Reichtum zur Schau stelle. «Aber eigentlich verfügt er über keine finanziellen Mittel und hängt am Tropf des Finanzministeriums. Der wahre Erdölkönig ist sein Bruder Gabriel.»
Eine geschäftige Familie
Teodorins Eskapaden lenken von den tatsächlichen Machtverhältnissen an der Spitze des Landes ab, das als «Petromonarchie» oder auch als «afrikanisches Emirat» bezeichnet wird. Mehr schlecht als recht bereitet sich Äquatorialguinea derzeit auf die Ablösung des 77-jährigen Patriarchen Teodoro Obiang vor. Seit dieser 1979 seinen Onkel gestürzt hat, teilt der ehemalige Chef der Streitkräfte seine Macht ausschliesslich mit seiner Familie – und auch das nur beschränkt. Jedem Familienmitglied hat er einen kleinen Bereich der wirtschaftlichen Aktivitäten «seines» Landes zugeschanzt.
Teodorin, der älteste Sohn, ist zweifelsohne das bekannteste Mitglied der Familie. Heute ist er Vizepräsident und General der Landstreitkräfte. Zuvor war er Minister für Land- und Forstwirtschaft. Gemäss der Anklageschrift der US-Staatsanwaltschaft aus dem Jahr 2012 hatte er damals auf jedem Kubikmeter exportiertes Holz eine Steuer erhoben, zudem wurde auf Konzessionen für ausländische Unternehmen jeweils eine «persönliche Steuer» fällig. Zwei Jahre nach der Anklageerhebung wurde das Verfahren eingestellt, im Gegenzug wurden Vermögenswerte von schätzungsweise 34 Millionen Dollar eingezogen.
Teodorin kontrolliert zudem direkt oder indirekt mehrere Baufirmen, die grosszügig staatliche Aufträge erhalten. Diese Praxis ist unter den Machthabenden weitverbreitet, wie die Organisation Human Rights Watch 2017 in einem detaillierten Bericht festhielt. So hält etwa die First Lady Constancia Mangue Anteile an ABC Construction. Die Firma agiere als Scheingesellschaft und habe öffentliche Aufträge im Wert von Millionen von Dollar erhalten, die sie dann für einen Bruchteil davon an Eloba Construcción (im Besitz von Teodorin) und andere Subunternehmen weitergegeben habe, sagte ein ehemaliger Obiang-Geschäftspartner gegenüber Human Rights Watch.
Constancias Tochter Francisca Obiang Jiménez wiederum steht dem nationalen Planungsbüro GE Proyectos vor und hat die Aufsicht über Projekte der Regierung sowie über an Private vergebene Konzessionen. Ihr Halbbruder Alberto Obiang Lima verwaltet derweil die Häfen des Landes.
Justo und Pastor sind die beiden «Genfer» der Familie und verkörpern die engen Beziehungen der Familie Obiang zur Schweiz, die sie mit ihren Flugzeugen gerne und oft anfliegen. Die Zwillinge haben den Schweizer Pass, ihre gesamte Schul- und Ausbildungszeit haben sie in privaten Institutionen am Genfersee verbracht. Aus der Politik Äquatorialguineas haben sie sich stets rausgehalten. Finanziellen Zuwendungen aus der Heimat zeigten sie sich jedoch nicht abgeneigt. Beide sind in die Geschäfte des Präsidentenclans verwickelt – über ihre Beteiligungen am Baukonzern Abayak, an der Telekommunikationsgruppe Hits Telecom Muni oder am Luba Oil Terminal. Dieser auch mit den Kürzeln LOT oder LOTEG bezeichnete Terminal hat einen Teil der Erdölprofite über den Handelsplatz Genf geleitet, worauf wir noch zurückkommen werden.
Im Februar 2018 hat Pastor in Mosambik, wo er mit seiner Frau und seinem Kind hingezogen ist, das Bergbau- und Dienstleistungsunternehmen Edge Development gegründet. Justo erhielt währenddessen eine Beistandschaft und demolierte zwei Autos, darunter ein Polizeiauto. Er war auf der Flucht vor seinem Arzt, der ihn wegen einer schweren psychischen Erkrankung in eine Klinik einweisen wollte. Justo suchte Schutz bei der äquatorialguineischen Botschaft in Paris und ist nach unseren Informationen mittlerweile in seine Villa in Anières (GE) zurückgekehrt.
Und schliesslich ist da noch Teodorins Halbbruder Gabriel Obiang Lima. Er steht an der Spitze des allmächtigen Bergbau- und Erdölministeriums. Er wird als gerissen beschrieben und scheint sein Amt im Gegensatz zu Teodorin ernst zu nehmen. Für das Management des Erdöls, der wichtigsten Ressource des Landes, hat er sich mit kompetenten Beratern umgeben.
Gabriel tritt viel diskreter auf als sein älterer Bruder, was ihn aber nicht daran hindert, sich zu bereichern. Ende 2014 räumte das niederländische Unternehmen SMB Offshore ein, ihm im Austausch für Erdölverträge 7,5 Millionen Dollar Bestechungsgelder bezahlt zu haben. Mehrere Hunderttausend Dollar gingen an seine Entourage. Das Verfahren in den Niederlanden, bei dem es auch um Korruption in Brasilien, Angola, Kasachstan und Irak ging, wurde beigelegt, nachdem sich der Konzern verpflichtete, eine Busse von 240 Millionen Dollar zu zahlen. In Äquatorialguinea hat der Fall keinerlei Wellen geschlagen.
Erdölprofite flossen über Genf
Das schwarze Gold ist die Haupteinnahmequelle der Regierung. Laut einem IWF-Bericht stammten fast 90 Prozent des 5-Milliarden-Dollar-Budgets Äquatorialguineas aus dem Erdölsektor. Trotzdem musste die Bevölkerung von Bata, dem wirtschaftlichen Zentrum des Landes, letzten Herbst wochenlang ohne fliessendes Wasser auskommen. Denn die Gelder für das Erdöl fliessen teils über diffuse Kanäle, oft via europäische Zwischenhändler.
«Die staatliche Erdölgesellschaft ist der Chiringuito [d.h. in etwa Bartheke] der Obiang-Familie», sagt Delfin Mocache Massoko.
«Sie gründen Joint Ventures, stellen offiziell Cousins oder Leute aus ihrer Entourage an die Spitze und registrieren die Firmen in Steuerparadiesen.»
Die Gesellschaft Equatorial Guinea LNG Holdings Limited, bei der Gabriel Obiang einer der Direktoren ist, hatte 2004 ihren Sitz auf den Bahamas und fand Eingang in die Bahamas-Leaks. Bemerkenswert für eine Firma, die zu 25 Prozent dem staatlichen Gasunternehmen Sonagas gehört.
Einer der dubiosesten Finanzflüsse führt über Genf. 1999 wurde dort die mysteriöse Tacoma Trading Limited, eine Tochtergesellschaft der gleichnamigen Londoner Firma, tätig. Das mit einem Eigenkapital von 500 000 Pfund ausgestattete Unternehmen handelt mit Rohöl, Erdölprodukten und Gas. Die Geschäfte scheinen gut zu laufen – jedenfalls erwarb Tacoma eine namhafte Beteiligung an Luba Oil Terminal (LOT), dem Unternehmen, das die Fachpublikation Africa Intelligence mit den Zwillingen Pastor und Justo in Verbindung bringt.
Laut einem uns vorliegenden Dokument vom 25. Mai 2005 hielt Tacoma zu diesem Zeitpunkt 51 Prozent der Aktien von LOT – über die Tochtergesellschaft Tacoma Refining & Distribution. Diese war gemäss Daten der Kanzlei Mossack Fonseca auf den Britischen Jungferninseln registriert, wie aus den Panama Papers hervorging. Die restlichen Anteile wurden von zwei äquatorialguineischen Staatsunternehmen gehalten, GE Petrol (30 Prozent) und Sonergy (19 Prozent). In diesem Dokument sowie in zwei weiteren vom 17. November 2005 bittet ein gewisser Pierre L., der sich als Präsident von LOT, aber auch als Direktor der Genfer Niederlassung von Tacoma präsentiert, seine Geschäftspartner, ihren Beitrag auf ein Konto bei der Genfer Filiale von BNP Paribas einzuzahlen.
Am 25. Mai 2005 betrug die Beteiligung von Tacoma fast 2,8 Millionen Dollar, jene von GE Petrol rund 1,6 Millionen und jene von Sonergy über eine Million. Die Mittel von Tacoma beliefen sich per 31. Dezember 2005 auf 14 326 074 Dollar. Die Firma schien sich bester finanzieller Verhältnisse zu erfreuen. Warum also wurde sie von Direktor Pierre L. – der nicht zu verwechseln ist mit einem in Genf wohnhaften Mann gleichen Namens – zwei Jahre später liquidiert, nachdem die Kapitalbeschaffung abgeschlossen war?
Das «internationale Komplott»
«Der laufende Prozess in Frankreich ist eine Farce!», verkündet ein verärgerter Teodorin Obiang im Juni 2017 vor der Versammlung der Afrikanischen Union. Der Vizepräsident hat zu diesem Zeitpunkt Ärger an diversen Fronten. Der Prozess gegen ihn wegen unrechtmässig erworbener Vermögenswerte hat in Paris gerade begonnen, obwohl Äquatorialguinea versucht hatte, vor dem Internationalen Gerichtshof seine Immunität geltend zu machen. Für den Familienclan ist das Gerichtsverfahren ein Affront, eine «Einmischung in die inneren Angelegenheiten eines souveränen Staates».
Einige Monate zuvor hatte die Genfer Justiz auf dem Rollfeld des Flughafens Teodorins Luxusautos beschlagnahmt. Dann hatte sie in den Niederlanden interveniert, damit auch die Ebony Shine eingezogen wird. Besitz und Unterhalt dieser 100 Millionen Euro teuren Yacht waren schlecht mit dem offiziellen Monatsgehalt von 3500 Dollar des Ministers zu vereinbaren. Die Yacht wird nun von einer Genfer Anwaltskanzlei verwaltet. Weil die Staatsanwaltschaft keine Erlaubnis zum Verkauf der Yacht erhalten hat, kostet der Unterhalt die Genfer Steuerzahlenden 2000 Euro pro Tag.
In einer offiziellen Erklärung beklagt die äquatorialguineische Regierung ein «von gewissen französischen und schweizerischen Institutionen» orchestriertes Komplott zur «Schädigung des internationalen Ansehens des Vizepräsidenten». Teodorin Obiang beteuert, seine französischen Liegenschaften seien mit «legal verdientem» Geld erworben worden.
Das französische Gericht sieht dies anders. Am 27. Oktober 2017 wird Teodorin Obiang zu drei Jahren Freiheitsstrafe auf Bewährung sowie zu einer Geldstrafe von 30 Millionen Euro verurteilt. Einleitend hält das Pariser Strafgericht fest, dass es für den Fall sehr wohl zuständig sei. Denn die Straftaten seien von Teodorin Obiang in Frankreich für seinen «persönlichen» Gebrauch begangen worden und nicht «in Ausübung seines Amtes».
Die Organisation Sherpa, die zehn Jahre zuvor das Verfahren gegen den «Goldjungen» und vier weitere afrikanische Staatsoberhäupter eingeleitet hatte, äussert Genugtuung über dieses Urteil. William Bourdon, Sherpa-Gründer und Antikorruptionsanwalt, kommentiert:
«Eine staatliche Machtposition darf kein Freibrief zur persönlichen Bereicherung sein.»
Als das Gericht ihn schuldig spricht, bereut der «Goldjunge» womöglich, dass er sich einst beim Shopping auf den Champs-Elysées von Kameras der Sendung Zone Interdite begleiten liess. Die Aufnahmen zeigen den damals 29-jährigen, im Luxus schwelgenden Teodorin, wie er mehrere Massanzüge anprobiert. Sein Schneider nennt ihn bereits Präsident.
Finanzjongleur gegen Problemsohn
Insider berichten jedoch, dass sich Teodorin seiner präsidialen Zukunft nicht ganz so sicher sein kann. Denn sein Halbbruder Gabriel bringt sich erfolgreich in Stellung. Als «Finanzjongleur» des Obiang-Clans zieht er gemäss Africa Intelligence die Fäden bei den Bestrebungen zur wirtschaftlichen Diversifizierung des Landes, die angesichts der schrumpfenden Erdöleinnahmen dringend nötig ist. Zudem scheut er keine Anstrengungen, um neue Investitionen zu aquirieren.
Ebenso ist es Gabriels Verdienst, dass Äquatorialguinea im Mai 2017 in das Kartell der erdölexportierenden Länder OPEC aufgenommen wurde. Auch gegenüber der Extractive Industries Transparency Initiative (EITI) agierte er geschickt. Das Gremium hatte Äquatorialguinea 2010 unter anderem wegen Unterdrückung der Zivilbevölkerung ausgeschlossen. Im Juni 2019 reiste Gabriel Obiang persönlich nach Paris an die Jahreskonferenz der EITI und begründete in einer Rede das Beitrittsgesuch seines Landes: «Ich bin nach wie vor davon überzeugt, dass unsere Mitgliedschaft in der EITI das Investitionsklima verbessern und ausländische Direktinvestitionen in verschiedenen Sektoren, unter anderem im Energiesektor, fördern wird.»
Diese Beitrittsabsichten Äquatorialguineas überzeugten offenbar den IWF, der Ende Oktober beschloss, dem Land ein neues Darlehen zu gewähren. Erst war die Höhe des Betrags unklar, irgendwann gab der IWF dann bekannt, dass er dem Land 280 Millionen Dollar leihen wolle. Die Begründung: Man wolle dem Land helfen, seine Währung gegen Spekulationsangriffe zu verteidigen und den Staatshaushalt über Wasser zu halten, der wegen fallender Ölpreise in Schieflage geraten war. NGOs protestierten empört.
In einer Medienmitteilung rechtfertigt der IWF seinen Schritt damit, dass er die Bemühungen des Landes unterstütze, «eine nationale Strategie zur Verbesserung der Regierungsführung und zur Korruptionsbekämpfung zu entwickeln, indem die Behörden einen Governance-Bericht erstellen».
Angesichts der diplomatischen Erfolge seines Halbbruders scheint Teddy mit seinen Eskapaden geradezu mutwillig seinen Status als Favorit auf die «Thronfolge» zu gefährden. In Genf erklärt sein Fahrer der Polizei, dass er ihn bei seinen zahlreichen Besuchen noch nie an der Arbeit gesehen habe:
«Er verbrachte die meiste Zeit mit Schlafen, Einkaufen und Partys.»
Für den Journalisten Delfin Mocache Massoko ist klar: «Teodorin wird nicht der Nachfolger seines Vaters sein. Die internationale politische Klasse kann mit seinem Auftreten nichts anfangen.»
Laut Africa Intelligence verscheucht der «labile» Teodorin Erdölkonzerne. Diese schreckten vor einem längerfristigen Engagement in Äquatorialguinea zurück, weil «die bevorstehende Machtübergabe von Teodoro an seinen Sohn nicht gesichert ist». Das Verhältnis zwischen den beiden Halbbrüdern scheint denn auch nachhaltig getrübt. Ihren Konflikt tragen sie meist über ihre Berater aus. Teodorin hat aber auch schon selbst über Social Media Dampf abgelassen. Im Jahr 2018 schimpfte er seinen Halbbruder auf Facebook einen «Verräter», löschte den Post kurz darauf aber wieder.
Wenige Monate nach Teodorins Verurteilung wegen unrechtmässig erworbener Vermögenswerte in Paris hatte es Gabriel gewagt, mit dem französischen Konzern Total Verhandlungen aufzunehmen.
Helvetischer Pragmatismus
In der Schweiz lösen sich die Probleme von Teodorin nach und nach. Die Beschlagnahmung der Yacht wurde im Februar 2019 aufgehoben, als die Genfer Staatsanwaltschaft das Verfahren wegen Geldwäscherei und ungetreuer Amtsführung einstellte.
Nach über zwei Jahren Verfahren und diversen Rechtshilfeersuchen war die Staatsanwaltschaft zum Schluss gekommen, dass sie nicht in der Lage sei, die Anklagepunkte gegen den Vizepräsidenten und zwei weitere Angeklagte zu beweisen. Unseren Informationen zufolge verhielt sich auch die niederländische Justiz in diesem Fall nicht sehr kooperativ.
Zur Deckung der strafprozessualen Untersuchungskosten hat sich Äquatorialguinea bereit erklärt, 1,3 Millionen Franken an den Kanton Genf zu zahlen. Auch verzichtet das Land auf die 25 Luxuswagen seines Vizepräsidenten, die offiziell auf das staatliche Unternehmen Ototong registriert waren. Die Versteigerung der Supercars brachte 23,4 Millionen Franken ein, die nun an soziale Projekte in Äquatorialguinea fliessen sollen. Das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) ist auf der Suche nach geeigneten Projekten.
Aber wie kann in einem Land, in dem alles von einem Clan kontrolliert wird, sichergestellt werden, dass das Geld tatsächlich in soziale Projekte fliesst und nicht in die Taschen der Machthabenden?
Unmöglich, meint Tutu Alicante. Der äquatorialguineische Anwalt und Gründer der NGO EG Justice mit Sitz in den USA weist darauf hin, dass Bern weder eine Botschaft noch diplomatische Beziehungen zu Malabo unterhält: «Die Schweiz kennt das Terrain nicht. Sie wird die Verwendung der Gelder nur sehr schwer kontrollieren können.» An eine erfolgreiche Vermittlung durch eine internationale Organisation glaubt er auch nicht: «Das Internationale Komitee des Roten Kreuzes und Catholic Relief Services haben sich aus dem Land zurückgezogen, weil sie nicht den nötigen Freiraum erhalten haben, um ihre Arbeit machen zu können», sagt er. «Es ist ein kleines Land, und die Regierung hat alles in der Hand.»
In Malabo wird Teddy wohl noch länger «Here comes my happiness again» trällern können. Am Steuer oder am Lenker seines Motorrads – er scheint der Gerechtigkeit immer ein paar Meter voraus zu sein.
Hohe Hürden für Rückerstattungen
Am Fall der «Supercars» zeigen sich deutlich die Grenzen der Politik bei der Rückerstattung unrechtmässig erworbener Vermögenswerte. Bis zur Sperrung von Geldern ist das Verfahren klar geregelt. Was eine «gute Rückerstattung» ist, wurde hingegen nie klar festgelegt.
So rühmt sich der Bund, zwischen 2005 und 2017 mehr als eine Milliarde Franken aus Konten des Clans von Sani Abacha an Nigeria rückerstattet zu haben. Bei fast der Hälfte der Gelder war jedoch nicht zu eruieren, wo sie schlussendlich landeten. Die Millionen waren einfach auf staatliche Konten Nigerias überwiesen worden. Zumindest scheinen die Schweizer Behörden daraus gewisse Lehren gezogen zu haben. Sie haben beschlossen, die Verwendung rückerstatteter Mittel künftig besser zu überwachen.
Es gibt aber auch Fälle, in denen die Herkunftsländer nicht in der Lage oder bereit sind, unrechtmässig erworbene Vermögenswerte zurückzuerlangen. Haiti gehört zur ersten Gruppe: Die Gelder des ehemaligen Diktators Duvalier bleiben gesperrt, obwohl das frühere Regime mittlerweile gestürzt war. Die Demokratische Republik Kongo fällt in die zweite Kategorie. Weil das Land nicht kooperierte, wurden gesperrte Gelder an die Entourage des ehemaligen Präsidenten Mobutu zurückgegeben.
Es ist daher zu befürchten, dass die Rückerstattung der Einnahmen aus der Versteigerung der Supercars zu einem «zweiten Duvalier-Fall» werden könnte. Erschwerend kommt hinzu, dass die Rückgabe direkt mit Teodoro Obiang, dem Vater des Betroffenen, ausgehandelt werden muss. Die Verhandlungen dürften Jahre dauern. «Ich hoffe einfach, dass die Schweiz das Verfahren und die Kriterien für die Auswahl der Partner-Organisationen öffentlich macht», sagt der äquatorialguineische Anwalt Tutu Alicante.
Dieser Artikel erschien ursprünglich im Public Eye Magazin. Unser Magazin erscheint fünfmal jährlich, mit vertieften Recherchen und exklusiven Reportagen zu aktuellen Themen.