Unsere Forderungen
2021 hat Public Eye ein satirisches Handbuch für Wirtschaftskriminelle publiziert. Darin haben wir die Vorteile der Schweiz und die Schlupflöcher im Gesetz aufgedeckt, dank denen dubiose Vermögen oder Geschäfte hierzulande verschleiert werden können.
Die Situation hat sich seither nicht verbessert:
- Auch heute noch gibt es keine Sorgfalts- oder Kontrollpflicht für Berater*innen, die dubiose Firmenkonstrukte erstellen, wie dies vor rund zehn Jahren geschehen ist. Im März 2021 wurde eine Revision des Geldwäschereigesetzes im Parlament abgelehnt, die Anwält*innen, die Beratungsdienstleistungen bei der Gründung von Briefkastenfirmen erbringen, in die Pflicht genommen hätte. Dies muss sich ändern. Auch die Financial Action Task Force, die weltweit den Standard zur Bekämpfung von Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung setzt, verlangt von der Schweiz, namentlich Anwält*innen für Beratungsdienstleistungen dem Geldwäschereigesetz zu unterstellen.
- Ein Register für wirtschaftlich Berechtigte von Unternehmen ist internationaler Mindeststandard – die Schweiz hat aber keines. Die Offenlegung der wirtschaftlich Berechtigten an juristischen Personen ist eine der wirksamsten Massnahmen gegen Wirtschaftskriminalität. In einer neuen Empfehlung verlangt die Financial Action Task Force von ihren Mitgliedern, unter anderem mit einem Register für wirtschaftlich Berechtigte mehr Transparenz bei Unternehmen zu schaffen. Die EU verpflichtet ihre Mitglieder seit Jahren zur Einführung eines öffentlichen Registers. Ein solch öffentliches Register stärkt die effiziente internationale Zusammenarbeit: Offshore-Konstrukte machen nicht an Staatsgrenzen halt. Auch die Schweiz soll sich am EU-Standard orientieren.
- Auch der Immobilienmarkt ist nach wie vor nicht dem Geldwäschereigesetz unterstellt. Dies, obwohl das Bundesamt für Polizei fedpol bereits 2013 festgehalten hatte, wie attraktiv dieser Sektor für Geldwäscher ist. Politisch exponierte Person (PEP) oder kriminelle Organisationen können auch heute noch über Offshore-Firmen, die in einem Steuerparadies registriert sind, eine Villa an bester Lage kaufen – ohne, dass gross Fragen gestellt werden. Weder Makler*innen noch Notar*innen sind verpflichtet, die Herkunft der Gelder zu überprüfen. Auch hier empfiehlt die Financial Action Task Force eine entsprechende Gesetzesanpassung.
- Banker*innen mit Lizenz zur Nachlässigkeit: Banker*innen können zwar angeklagt werden, weil sie die Herkunft der Gelder und die wirtschaftlich Berechtigten der Gesellschaften nicht ausreichend abgeklärt haben (Art. 305ter StGB). Oder wenn sie der Meldepflicht im Verdachtsfall bei dubiosen Finanztransaktionen nicht nachgekommen sind (Art. 37 GwG). Aber ihnen drohen oft nur geringe Strafen, meist nur eine kleine Busse, wenn sie behaupten, solche Transaktionen nicht bemerkt zu haben oder die entsprechenden Unterlagen nicht aufbewahrt zu haben.
-
Seit der Verschärfung von Artikel 47 des Bankengesetzes 2015, wird auch die Publikation von Kontendaten als Verstoss gegen das Bankgeheimnis geahndet. Die Anpassung zeigte im Februar 2022 anlässlich der Veröffentlichung der «Suisse Secrets» erstmals seine Wirkung. Der Recherchedesk von Tamedia verzichtete wegen des Risikos einer Klage gar auf die Mitarbeit im internationalen Recherchekonsortium und die Veröffentlichung der geleakten Dokumente der Credit Suisse. Der Artikel ist also ein potentes Mittel, um Journalist*innen und NGOs von ungewünschten Recherchen abzuhalten.
- Die Schweizer Offshore-Industrie blüht 2022 wie eh und je. Unsere Anwält*innen und Treuhänder*innen sind nach wie vor wahre Meister*innen im Erschaffen leerer Hüllen und Firmenkonstrukte, auf welche die Justiz keinen Zugriff hat. Man braucht hierfür nicht einmal Wohnsitz in der Schweiz zu haben, mit ein paar Klicks im Internet ist im Nu eine Firma gegründet – in der Schweiz oder auf den British Virgin Islands, wie es gerade beliebt.