Indonesien

© Brot für alle (BFA)
Bereits als sich 2006 Verhandlungen für ein FHA zwischen der EFTA und Indonesien abzuzeichnen begannen, hat Public Eye zusammen mit NGOs aus den EFTA-Ländern eine indonesische NGO-Delegation eingeladen, welche die Bedenken seitens der indonesischen Zivilgesellschaft aufzeigte. Seither hat sich Public Eye gemeinsam mit Partnerorganisationen hartnäckig gegen eine Zollbefreiung von indonesischen Palmölimporten im Rahmen des FHA gewehrt – und dabei einen Teilerfolg erzielt.

Bei verschiedenen Lobbytreffen haben die Delegierten eindrücklich auf die befürchteten negativen Auswirkungen eines FHA mit der EFTA hingewiesen. Neben Kritik an den EFTA-Standardforderungen zur Liberalisierung des Finanzsektors und der Stärkung geistiger Eigentumsrechte mahnte ein indonesischer NGO-Vertreter, es sei wichtig, dass die indonesische Regierung die Bevölkerung Indonesiens einbeziehe und genauer prüfe, welche Art von Handelspolitik deren dringenden Bedürfnissen und Interessen diene:

Bilaterale Freihandelsabkommen stellen versteckte Instrumente dar, um die Privilegien und den Reichtum multinationaler Konzerne und die Interessen mächtiger Regierungen zu sichern.

Die umstrittene Zollbefreiung von Palmöl

Nach 16 Verhandlungsrunden konnte das Freihandelsabkommen mit Indonesien Mitte Dezember 2018 unterzeichnet werden. Mit ein Grund für die zähen Verhandlungen war die indonesische Forderung nach Zollbefreiung für Palmöl (vgl. auch FHA mit Malaysia).

Zivilgesellschaftliche Organisationen in beiden Ländern haben sich heftig dagegen gewehrt. Denn einem Produkt, dessen Herstellung für gravierende Menschenrechtsverletzungen und Umweltzerstörung verantwortlich ist, darf die Schweiz nicht noch Vorzugsbedingungen gewähren.

Für den Anbau des vielseitig verwendbaren Öls wird die indigene Bevölkerung ihres Landes und damit ihrer Lebensgrundlage beraubt. Riesige Regenwaldflächen werden gerodet, und den Vertriebenen bleibt nichts anderes übrig, als auf den Plantagen als Tagelöhner*innen anzuheuern, wo sie unter oft menschenrechtswidrigen Bedingungen zu Hungerlöhnen arbeiten müssen.

Erfolg der Palmölkoalition: Kein Freihandel um jeden Preis!

In einem offenen Brief an den damaligen Wirtschaftsminister Schneider-Ammann und die indonesische Regierung forderte deshalb die Palmöl-Koalition anfangs 2018 zusammen mit der indonesischen Menschenrechts- und Umweltorganisation WALHI, Palmöl aus dem Freihandelsabkommen auszuschliessen.

Im Laufe des Jahres intensivierte die Palmöl-Koalition ihre Aktivitäten, erhöhte mit diversen Aktionen auf dem Bundesplatz – unter anderem mit palmölfreier Nutella – und direkten Gesprächen mit Mitgliedern des Ständerats den Druck auf die Politik und leistete wichtige Überzeugungsarbeit.

Auch wenn die Koalition mit ihrer Forderung nach Ausschluss von Palmöl nicht vollumfänglich durchgedrungen ist, hat sie dennoch erreicht, dass Indonesien im Rahmen des Freihandelsabkommens nur eine bescheidene Zollreduktion auf eine begrenzte Menge Palmöl zugestanden wird. Wichtiger noch, mit der erstmaligen Verknüpfung von Zollkonzessionen mit Nachhaltigkeitsbestimmungen (der sogenannten Process and Production Method oder PPM-Ansatz) wird ein langjähriges handelspolitisches Anliegen von uns erfüllt. Und die Kampagne hat der Schweizer Regierung eine klare Botschaft für künftige FHA-Verhandlungen mitgegeben: Kein Freihandel um jeden Preis!

Knappes Resultat beim Referendum gegen das Freihandelsabkommen mit Indonesien

Nach der parlamentarischen Zustimmung zum Abkommen im Dezember 2019 haben kleinbäuerliche Kreise das Referendum ergriffen. Mit 51.6% hat sich die Schweizer Stimmbevölkerung nur ganz knapp für das Freihandelsabkommen mit Indonesien ausgesprochen.

Auf der Grundlage einer sorgfältigen Analyse entschied Public Eye im Vorfeld der Abstimmung, auf eine Parolenfassung zu verzichten. Sowohl für eine befürwortende wie eine ablehnende Haltung gab es gute Argumente. Immerhin hatten wir politisch einiges erreicht, gerade im umstrittenen Bereich Palmöl. Zum ersten Mal verknüpft eine Sonderbestimmung den zollreduzierten Palmölimport direkt und verbindlich mit den Nachhaltigkeitsbestimmungen. Eine solche Auflage für Zollkonzessionen bei sensiblen Produkten hatte die Zivilgesellschaft seit Jahren gefordert; bis zum Indonesien-Abkommen war sie jedoch vom Bundesrat kategorisch abgelehnt worden.

Dieser innovative Ansatz, bei dem nachhaltig produzierte Produkte tariflich bevorzugt behandelt werden, ist ein Novum in Schweizer Handelsabkommen und wir sehen darin grosses Potenzial über das Abkommen mit Indonesien hinaus. Damit verfügen wir erstmals über einen Hebel, um Nachhaltigkeitsbestimmungen durchzusetzen. Das Seco hat angekündigt, dass dieser Ansatz als neuer Standard für Palmölimporte gelten soll und auch beim Abkommen mit Malaysia angewendet würde. Public Eye wird das Seco darauf behaften und sich dafür einsetzen, dass er in künftigen Abkommen auf weitere sensible Produkte ausgedehnt wird.