Intransparente Forschung und Entwicklung von Medikamenten

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Klinische Versuche am Menschen sind ein zentraler Schritt im Forschungs- und Entwicklungsprozess von neuen Behandlungen. Doch es fehlt an Transparenz über deren ethische Durchführung, über die Studienergebnisse und die tatsächlichen Kosten – zum Vorteil der Pharmakonzerne: Es kommt zu gravierenden ethischen Verstössen, negative Studienergebnisse werden oft nicht veröffentlicht und die Industrie kann weiter den Mythos aufrechterhalten, dass die hohen Kosten die horrenden Preise neuer Medikamente rechtfertigen.

Ein essenzieller Teil der Forschung und Entwicklung neuer Medikamente geschieht an öffentlichen Institutionen. Es sind jedoch die Pharmakonzerne, welche die Kapazität haben, grossangelegte klinische Versuche durchzuführen. Diese müssen die Sicherheit und Wirksamkeit von Medikamenten belegen, bevor deren Zulassung beantragt werden kann. 

Diese Versuche sind teuer und machen etwa 60 – 70% der gesamten Forschungs- und Entwicklungskosten aus. Das ist ein Hauptgrund, wieso sie in einkommensärmere Länder ausgelagert werden. Neben den tieferen Kosten und oftmals auch weniger strenger Regulierung profitieren die Konzerne insbesondere davon, dass in diesen Ländern mehr Menschen an klinischen Versuchen teilnehmen, weil sie aufgrund fehlender Sozialversicherungen und hoher Preise schlicht keine andere Möglichkeit haben, Zugang zu Behandlungen zu erhalten. Dies vergrössert das Risiko, dass Versuchsteilnehmende ausgebeutet werden, wie die Recherchen von Public Eye zeigen.

Werden Medikamente an Freiwilligen getestet, so müssen die Ergebnisse der Gesellschaft zugänglich gemacht werden. Die Ergebnisse der Hälfte aller weltweit durchgeführten klinischen Versuche werden aber nie publiziert – vor allem, wenn sie negativ sind. Die Pharmaindustrie stellt sich gegen diese Transparenzforderung, unter dem Vorwand des Geschäftsgeheimnisses und des Schutzes der Patient*innen. Die anonymisierten Ergebnisse legen aber weder Industriegeheimnisse offen noch sind einzelne Patient*innen identifizierbar. 

In der Schweiz braucht es stärkere Regulierungen, welche die ethische Durchführung und die Veröffentlichung der vollständigen Ergebnisse der klinischen Versuche bei der Zulassung einer neuen Behandlung durch Swissmedic (Zulassungs- und Aufsichtsbehörde für Arzneimittel und Medizinprodukte) sicherstellen. Durch ihre mangelhaften Anstrengungen diese zu stärken, macht sich die Behörde mitschuldig, ist aber auch strukturell in ihrer Macht beschränkt, da sie aufgrund der Zulassungsgebühren finanziell von den Pharmakonzernen abhängig ist. 

Weiter braucht es endlich Transparenz über die eigenen und öffentlichen Investitionen in Forschung und Entwicklung (F & E), damit das Bundesamt für Gesundheit (BAG) einen angemessenen Preis, den die obligatorische Krankenversicherung für ein Medikament bezahlt, verhandeln kann. Die Pharmaindustrie verteidigt ihre hohen Preise mit dem Argument, dass diese die risikoreiche Forschung und Entwicklung von Medikamenten absichern müssten, verweigert aber jegliche Transparenz über die tatsächlich getätigten Investitionen und die erhaltenen öffentlichen Gelder.